Kapitalstarke Franchisegeber haben keineswegs notwendigerweise Erfolg. Denn mit dem Einsatz von Finanzmitteln ist es nicht getan, wenn man die Erfolgsgeheimnisse nicht kennt. Das belegt eine große Zahl von Franchisesystemen, die von Unternehmen mit Industriehintergrund und vernünftigen Budgets aufgelegt und später mit enttäuschten Erwartungen wieder eingestellt worden sind. Der Verfasser hat im Laufe seiner beinahe 25 Jahre andauernden Tätigkeit in der Franchisewirtschaft Dutzende solcher Systeme scheitern sehen. Gerade Unternehmen mit Industriehintergrund, die in der Regel die Hersteller oder Importeure von Produkten sind und sich mit dem Franchisesystem einen Absatzkanal schaffen wollen, verstehen Franchising häufig nicht. Franchising ist nämlich keine Vertriebsmethode.
Diesen Satz sollte man in Ruhe auf sich wirken lassen: Franchising ist keine Vertriebsmethode. Franchising ist eine Methode, Unternehmen zu vervielfältigen, um mittels dieser Unternehmen ein einheitliches Markenerlebnis und Vermarktung zu organisieren.
Wer etwas so vergleichsweise Simples wie ein Vertriebsnetzwerk aufbauen möchte, sollte sich bitte nicht für etwas so Aufwändiges wie ein Franchisesystem entscheiden; er sollte jedenfalls erst einmal auch ein Handelsvertreternetzwerk in Betracht ziehen. Franchising ist deshalb aufwendig, weil es unendlich viel mehr kann als Vertrieb. Deshalb ist Franchising auch eine der großartigsten Organisationserrungenschaften der Industriegesellschaft, geradezu eine „Wundermaschine“ für die Fremdkapitalbeschaffung, ein genialer Hebel für Expansion mit fremdem Kapital, für Markenaufbau und für eine enorme Wertsteigerung. In den Genuss dieser Möglichkeiten wird man allerdings nur kommen, wenn man Franchising richtig versteht. Wer diese Potenziale nicht für sich nutzbar machen will, braucht Franchising nicht und wird viele Aspekte womöglich als Lästigkeit empfinden.
Das soll nicht bedeuten, dass Franchising nicht zum Vertrieb taugt. Im Gegenteil. Nie ist Vertrieb effektiver gewesen, als wenn man erfolgreich Vermarktung organisiert. Das soll auch nicht bedeuten, dass Franchisesysteme, die von ihren Systemzentralen als reine Absatzkanale organisiert sind, keinen vernünftigen Nutzen haben können. Das alles hat auch seine Daseinsberechtigung. Aber seine wahre Stärke wird Franchising nur ausspielen, wenn man es für Markenaufbau nutzt; dann nämlich, wenn der Franchisegeber erkennt, dass seine Franchisenehmer weder Kunden noch Verkäufer sind.