In vielen Franchisesystemen wird die Finanzierung der überregionalen Werbe- und Marketingmaßnahmen in einem Marketingpool organisiert. Dazu zahlen die Franchisenehmer neben der regelmäßigen Franchisegebühr einen Werbebeitrag. Diese gezahlten Werbebeiträge werden auf einem separaten Finanzkonto der Systemzentrale gesammelt, verwaltet und eingesetzt. Die verwendeten Begriffe weichen von System zu System ab: Gelegentlich wird auch der Begriff „Werbepool“ oder „Werbekooperation“ verwendet bzw. von einem „gemeinsamen Werbeetat“ gesprochen.
Diese Form der Organisation ist sinnvoll und hat sich in der Praxis bewährt. Die Ausgestaltung ist in der Regel steuerrechtlich vorgeprägt. Der bilanziellen Behandlung des Pools ist nämlich besondere Bedeutung zu schenken. Wenn nämlich die in dem Pool gesammelten Finanzmittel in dem betreffenden Wirtschaftsjahr der Systemzentrale nicht vollständig verwendet worden sind, könnte ihre Passivierung ausgeschlossen sein. Die bei dem Franchisegeber gebildeten Rechnungsabgrenzungsposten oder sonstigen Verbindlichkeiten müssten aufgelöst werden und würden folglich der Körperschaftsbesteuerung unterliegen. Das wäre aus der Sicht vieler Franchisegeber geradezu ein Steuer-GAU. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 22. August 2007 festgestellt, dass die in einem Marketingpool gesammelten Finanzmittel erfolgsneutral zu behandeln sind, wenn der Werbebeitrag nicht etwa eine zusätzliche „allgemeine Gebühr“ ist, sondern tatsächlich mit einer korrespondierenden Pflicht des Franchisegebers einhergeht, in dem Umfang, in dem er Werbebeiträge vereinnahmt hat, auch tatsächlich in Marketing zu investieren. In der Praxis gibt es unterschiedliche Konstruktionen, den Marketingpool steuerlich „neutral“ zu gestalten:
I. Werbeumlage als Einzelfallerstattung
Steuerlich relativ unproblematisch ist die Methode, sich angefallene Kosten für überregionale Maßnahmen als nachträgliche Werbeumlage von den Franchisenehmern erstatten zu lassen. Die Werbeumlage stellt hier für den Franchisenehmer betrieblichen Aufwand dar und ist beim Franchisegeber entsprechend als Ertrag zu buchen. Diese Handhabung ist unüblich geworden. Der praktische Nachteil besteht darin, dass die Einzelfallerstattung immer wieder Diskussionsbedarf über die Sinnhaftigkeit durchgeführter Maßnahmen auslöst. Die Führung des Systems kann schwierig werden.
II. Leistungsaustausch im Gegenseitigkeitsverhältnis
Eine andere Möglichkeit der Organisation und Finanzierung von überregionalen Marketing- und Werbemaßnahmen besteht im schlichten Leistungsaustausch. Der Franchisegeber erbringt Werbeleistungen, die von den Franchisenehmern vergütet werden. Teilweise wird in den Franchiseverträgen dafür keine gesonderte Vergütung ausgewiesen. Vielmehr ist die Vergütung in einer einheitlichen Gegenleistung des Franchisenehmers (d. h. in der Franchisegebühr) enthalten. Ein separates Finanzkonto oder Buchhaltungskonto für die Werbegebühren wird in diesen Fällen nicht geführt. Auch bei dieser Konstruktion steht dem Aufwand des Franchisenehmers durch Entrichtung der Franchisegebühren der entsprechende Ertrag beim Franchisegeber gegenüber. Eine erfolgsneutrale Behandlung der eingenommenen Zahlungen beim Franchisegeber ist dann nach der oben dargestellten BFH-Entscheidung ausgeschlossen. Der BFH unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Aufbau eines Kapitalstocks durch Werbebeiträge, aus dem der Franchisegeber seine Verpflichtung zur überregionalen Werbung finanziert, und zwischen einem laufenden Leistungsaustausch, bei dem durch ein Pauschalentgelt ein konkretes Leistungsrisiko abgedeckt wird. Nur im ersten Fall nimmt der BFH eine erfolgsneutrale Behandlung der Zahlungen des Franchisenehmers an.
III. Werbeetat mit Vorfinanzierungseffekt
Bei einem gemeinsamen Werbeetat mit Vorfinanzierungseffekt handelt es sich um die Gestaltung, die dem genannten Urteil des BFH zugrunde liegt. Bei dieser Konstruktion leisten die Franchisenehmer eine aufwandsunabhängige Werbepauschale, die von dem Franchisegeber auf einem separaten Buchhaltungskonto (häufig auch auf einem separaten Finanzkonto) angespart wird. Auch hier ist ein Leistungsaustausch vereinbart, allerdings stellt sich die Marketinggebühr als Vorauszahlung des Franchisenehmers dar. Der BFH hat festgestellt, dass nicht verbrauchte Werbebeiträge der Franchisenehmer beim Franchisegeber erfolgsneutral zu behandeln seien. Die Werbebeiträge seien ein Auslagenvorschuss gegenüber dem Franchisegeber im Hinblick auf dessen vertragliche Verpflichtung zur überregionalen Werbung. Eine Anwendung der Regeln für passive Rechnungsabgrenzungsposten verbiete sich zwar, auch komme eine Behandlung als Rückstellung nicht in Betracht. Die nicht verbrauchten Werbebeiträge seien jedoch mit durchlaufenden Posten vergleichbar und beim Franchisegeber bilanziell als sonstige Verbindlichkeit auszuweisen.
IV. Treuhänderisch verwalteter Werbepool
Sehr verbreitet ist die Konstruktion eines treuhänderisch verwalteten Marketingpools, der in wirtschaftlicher Hinsicht dem gemeinsamen Werbeetat mit Vorfinanzierungseffekt ähnelt: Der Franchisegeber verwaltet die Werbemittel als Treuhänder. Die gesammelten Werbebeiträge sind für ihn, vergleichbar mit einem Vermögensverwalter, „fremdes Kapital“. Die Organisation und Veranlassung der Marketing- und Werbemaßnahmen ist keine Leistung, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Zahlungen steht. Die Vergütung für die Verwaltungsleistung ist stattdessen in der Franchisegebühr enthalten. In steuerlicher Hinsicht gilt Folgendes: Das Treugut ist nicht in der Bilanz des Treuhänders (Franchisegeber), sondern in der Bilanz des Treugebers (Franchisenehmer) auszuweisen. Uneinheitlich wird dagegen eine wenigstens nachrichtliche Erfassung des Treuguts in der Bilanz des Franchisegebers beurteilt. Man sollte davon ausgehen, dass eine solche nachrichtliche Erfassung beim Franchisegeber geboten ist. Der BFH misst einem unterbliebenen Ausweis des Treuguts in der Bilanz des Franchisegebers sogar eine Indizwirkung gegen eine steuerliche Anerkennung des Treuhandverhältnisses zu. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung ist jedem Franchisegeber, der sich für diese Konstruktion entschieden hat, zu empfehlen, die unverbrauchten Werbebeiträge als Treuhandvermögen auszuweisen.
V. Werbe-Kooperationsgemeinschaft
Die Konstruktion der eigenständigen Werbe-Kooperationsgemeinschaft wird von großen und finanzstarken Systemen verwendet. Sie ist letztlich die Fortentwicklung des zuvor dargestellten Marketingpools und gleichzeitig eine Zwischenform zwischen den oben unter Ziffer 3 und 4 dargestellten Konstruktionen. Die Werbe- Kooperationsgemeinschaft kann z. B. in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisiert werden. Die Komplementärin ist dann eine Tochtergesellschaft des Franchisegebers, während die Franchisenehmer pro Betrieb einen Kommanditanteil erwerben. Zwischen der Kommanditgesellschaft als Dienstleister ihrer Kommanditisten und den Franchisenehmern findet ein Leistungsaustausch statt, der mit dem oben unter Ziffer 3 dargestellten Prinzip vergleichbar ist. Bei dieser Konstruktion stellen die Zahlungen steuerlich einen Aufwand für den Franchisenehmer und einen Ertrag für die Werbe-Kooperationsgemeinschaft dar. Wenn die rechtlich unabhängige Gesellschaft die Funktion des Marketingpools einnimmt, kommt die Annahme von treuhänderisch verwalteten Geldern nicht in Betracht. Ob man sich bei dieser Konstruktion die neue BFH-Rechtsprechung nutzbar machen kann, richtet sich maßgeblich nach den vertraglichen Regelungen. Regelmäßig wird allerdings ein Leistungsaustausch vorliegen, sodass nicht von einer erfolgsneutralen Behandlung der Werbebeiträge bei der Werbe-Kooperationsgemeinschaft auszugehen sein wird.
Pflichten des Franchisegebers gegenüber dem Franchisenehmer bei treuhänderischer Verwaltung
1. Gleichbehandlung
Grundsätzlich sind die Franchisenehmer aus einem treuhänderisch verwalteten Marketingpool gleichmäßig zu begünstigen. Dies gilt jedenfalls, wenn vertraglich nichts anderes vorgesehen ist. Das OLG Düsseldorf hat jedoch entschieden, dass im Einzelfall eine abweichende Regelung im Franchisevertrag zulässig ist. Darin kann insbesondere geregelt sein, dass Franchisenehmer, die an ihren Standorten besondere Bedingungen vorfinden, besonders unterstützt werden.
2. Pflicht zur schonenden Verwaltung
Bei dem treuhänderisch verwalteten Marketingpool handelt es sich um Geld, das nicht dem Franchisegeber gehört. Er ist daher in besonderer Weise verpflichtet, dieses im Sinne der Franchisenehmer „schonend“ zu behandeln. Es darf also nur zweckdienlich ausgegeben werden. Zweck des Marketingpools ist die Förderung des Absatzes im gesamten System. Insbesondere die Franchisenehmergewinnung ist also gerade kein Belang, der aus dem Marketingpool finanziert werden kann. Die Verwaltung des Marketingpools ist eine besondere Vermögensbetreuungspflicht, deren Verletzung auch strafrechtliche Konsequenzen (Untreue) haben kann.
3. Auskunft/Rechnungslegung
Aus der vorstehend unter Ziffer 2 genannten Treuepflicht resultiert auch die Verpflichtung des Franchisegebers gegenüber den Franchisenehmern Rechenschaft über die Mittelverwendung abzulegen. Dies kann so weit gehen, dass der einzelne Franchisenehmer berechtigt ist, die Bücher des Marketingpools einzusehen. Die Prüfung der Finanzen des Marketingpools kann auch einem Beirat übertragen werden. Voraussetzung ist dann allerdings, dass tatsächlich eine Mitteilung des Prüfungsergebnisses an den einzelnen Franchisenehmer erfolgt.
Problematisch ist insbesondere dies insbesondere wegen der verjährungsrechtlichen Besonderheiten. Die Ansprüche auf Rechenschaft entstehen regelmäßig erst mit dem Verlangen nach Auskunft. Dann beginnt also auch erst die Verjährung, sodass der einzelne Franchisenehmer unter Umständen noch nach Jahren Auskunft über die Verwaltung des Marketingpools verlangen kann.
4. Austretende und eintretende Franchisenehmer
Soweit ersichtlich gibt es bislang keine Urteile dazu, wie „unterjährig“ ein- oder austretende Franchisenehmer zu behandeln sind. Der Marketingpool hat die Besonderheit, dass neue Franchisenehmer von den noch unverbrauchten Einzahlungen früherer Franchisenehmer profitieren. Umgekehrt kann es sein, dass zum Zeitpunkt des Ausscheidens eines Franchisenehmers aus dem System der von ihm eingezahlte Marketingbeitrag noch nicht vollständig verbraucht ist. Die Frage, ob der in diesem Falle ausscheidende Franchisenehmer einen Anspruch auf Rückzahlung hat, ist in der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Man wird allerdings davon ausgehen müssen, dass ein solcher Anspruch nicht besteht, weil umgekehrt der Franchisenehmer auch die Möglichkeit hat, von unverbrauchten Marketingbeiträgen früherer Partner zu profitieren.