Die Erfolgsgeheimnisse der großen Franchisesysteme

Aufräumarbeiten: Weitere Ursachen für den Erfolg

In diesem Kapitel war von den Erfolgsgeheimnissen der großen Franchisesysteme die Rede. Es war nicht das Anliegen des Verfassers, sämtliche denkbaren Aspekte der erfolgreichen Systemführung darzustellen. Selbstverständlich gibt es in einem Franchisegeber-Unternehmen beinahe unendlich mehr Geschäftsprozesse, die beleuchtet und optimiert werden können und für das Management einer Systemzentrale weit mehr Herausforderungen als auf den vorherigen Seiten dargestellt. Zum Abschluss sollen deshalb noch einige Aspekte kurz beleuchtet werden, die Ursachen für den Erfolg einiger großer Franchisesysteme sind.

Die meisten Franchiseverträge kennen außer einer Vertragsstrafenregelung kein System für eine flexible Beantwortung von Pflichtverletzungen und ohnehin keine Motivationsinstrumente. Anstatt allein mit der extrinsischen Motivation der Strafvermeidung zu arbeiten, sollte der Franchisegeber Anreiz- und Ansparsysteme schaffen, die bei dem Franchisenehmer eine intrinsische Motivation auslösen. Ein Anreizsystem kann z. B. darin bestehen, dass der Franchisenehmer aus dem Werbepool einen nennenswerten Zuschuss zu seinen lokalen Werbemaßnahmen erhalten kann, wenn er bestimmte Richtlinien einhält bzw. bestimmte Aufgaben erfüllt, die aus Sicht des Franchisegebers entscheidend sind. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Voraussetzungen für die Belohnung keine Wertung durch Mitarbeiter des Franchisegebers erforderlich macht, sondern an messbare bzw. zählbare Kriterien anknüpft. Ein mögliches Ansparsystem kann im Zusammenhang mit der lokalen Werbung nutzbar gemacht werden: Anstatt wiederholt zu bedauern, dass manche Franchisenehmer nicht genügend Geld in lokale Werbung investieren, kann der Franchisegeber dazu übergehen, die Finanzmittel für lokale Werbung monatlich vorab von den Franchisenehmern einzusammeln, den Franchisenehmern die jederzeitige Abrufung der Finanzmittel zu überlassen und einen jährlichen Verfall nicht abgerufener Finanzmittel zu vereinbaren; kein Franchisenehmer wird die angesparten Mittel verfallen lassen. Die Folge: Es wird lokal in dem vereinbarten Umfang erfolgreich geworben. Dieses Modell muss, wenn man es nutzen möchte, ebenso wie andere ratsame vertragliche Konstruktionen, von Anfang an mit den Franchisenehmern vereinbart werden. Wer dies als Franchisegeber bei der Systemplanung und bei der Erstellung des Franchisevertrages nicht einmal in Betracht gezogen hat, hat einen Fehler gemacht.

Als eine der Ursachen für ausbleibenden Erfolg von Franchisesystemen wird richtigerweise häufig angeführt, dass der Franchisegeber mit seinen Leistungen eine ausreichende „Bindungswirkung“ erzielen muss. Mit anderen Worten: Der Franchisegeber muss es schaffen, dauerhaft so viel Nutzen zu stiften, dass den Franchisenehmern die Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit außerhalb des Franchisesystems nicht in den Sinn kommt. Diese Erkenntnis ist zwar richtig, aber sie ist zu oberflächlich: Wenn es nämlich der Franchisegeber schafft, die negativen Rückkoppelungen zu vermeiden und die Marke schnell flächendeckend aufzubauen, stellt sich die Frage nicht mehr. Man sollte also nicht nur an den Symptomen mangelnder Bindungswirkung herumdoktern, indem man versucht, willkürlich nutzbringende Leistungen zu ersinnen – womöglich sogar unter Vernachlässigung einer soliden Kalkulation. Damit schließt sich auch bei diesem Thema ein Kreis zu dem Anfang dieses Kapitels.

Schließlich gehört zu den Erfolgsgeheimnissen der großen Franchisesysteme die richtige Auswahl der Franchisenehmer. Tatsächlich weiß natürlich kaum ein Franchisegeber von Anfang an perfekt, wer für ihn die richtigen Franchisenehmer sind. Deshalb ist es ratsam, Lehren aus den ersten Erfahrungen mit angeworbenen Franchisenehmern zu ziehen: Welche aktiven Franchisenehmer haben besonderen Erfolg, welche Ursachen für diesen besonderen Erfolg liegen in der Persönlichkeit dieser Personen, welche Eigenschaften muss folglich der ideale Franchisenehmer der nächsten Generation haben? Auch dies ist – wieder einmal – eine vollkommen naheliegende Herangehensweise und doch wird sie von einem Großteil der Franchisegeber nicht beherzigt. Stattdessen werden über Jahre dieselben sinnlosen Anforderungsprofile verwendet („Kundenorientiertes Denken und gute Kommunikationsfähigkeit, 20–60 Jahre alt“), die im Grunde auf jedes Franchisesystem zutreffen könnten. Das mag seine Ursache teilweise darin haben, dass die hier angesprochenen Franchisesysteme ohnehin ziemliche Schwierigkeiten haben, genügend Franchisenehmer zu finden, was häufig wiederum dadurch bedingt ist, dass das Geschäftskonzept nicht geeignet ist, gemessen an dem eingesetzten Kapital, eine gute Verzinsung zu erzielen, weshalb der flächendeckende Markenaufbau nicht gelingt, weshalb wiederum Filialcluster und ein eigenes Filialsystem des Franchisegebers nicht möglich sind, wodurch bedingt die Marke keine Anziehungskraft entwickelt, so dass sich an dieser Stelle wieder eine der vielen bereits beschriebenen negativen Rückkoppelungen aufbaut, in deren Verlauf die Banken die Finanzierung verweigern und vorhandene Franchisenehmer eine permanente Unzufriedenheit entwickeln. Ein Franchisegeber-Unternehmen, das ohnehin kaum neue Franchisenehmer anwerben kann, meint vielleicht, ein optimiertes Anforderungsprofil nicht zu benötigen, weil es im Grunde „jeden“ Partner aufnehmen muss, der sich finden lässt. Insofern ist die Verwendung ungeeigneter Partnerprofile nur ein kleines Glied in einer langen Verursachungskette, die zu einer großen negativen Rückkoppelung gehört. Aber jede Rückkoppelung muss, wenn man sie beseitigen will, an irgendeiner Stelle durchbrochen werden. Hinzuzufügen ist, dass eine Expansion mit Filialclustern echte Unternehmer anzieht, so dass dies auch eine positiv verstärkende Auswirkung auf die Anwerbung von Franchisenehmern und deren Unternehmerprofil hat.