Praktisch jeder Franchise-Vertrag enthält zumindest potentiell wettbewerbsbeschränkende Klauseln. Daher stellt sich die Frage der Vereinbarkeit solcher Klauseln mit dem deutschen (GWB) und/oder europäischen Kartellrecht (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV).
Grundsätzlich besagt das Kartellverbot des GWB und des AEUV, dass alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind. Dies gilt gleichermaßen für horizontale und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen.
Einige klassische kartellrechtliche Problembereiche sind dabei für den Bereich vertikaler Vereinbarungen, wie sie bei Franchiseverträgen vorliegen, durch eine europäische Verordnung, die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen (Vertikal-GVO – Nr. 330/2010 der Kommission vom 20.4.2010) geregelt und näher ausgestaltet, die sowohl für das deutsche als auch das europäische Kartellrecht gilt.
Von einer vertikalen Vereinbarung im Rechtssinn spricht man bei Vereinbarungen oder bei aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes zwecks Durchführung der Vereinbarung auf einer unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufe tätig ist, und welche die Bedingungen betreffen, zu denen die Parteien bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können.
Liegen keine Kernbeschränkungen vor, so können Wettbewerbsbeschränkungen unterhalb der sog. Spürbarkeitsschwelle freigestellt sein. Die Spürbarkeitsschwelle liegt im Bereich des Vertriebs (d. h. bei Vereinbarungen zwischen vor- und nachgelagerten Marktstufen) bei Marktanteilen von i. d. R. 15 %. Werden diese Marktanteile überschritten, so kann eine Freistellung nach der Vertikal-GVO in Betracht kommen. Auch dabei sind jedoch im Einzelnen Marktanteilschwellen zu beachten, bei deren Überschreiten eine Freistellung ausscheidet. Es gibt ferner typische Kernbeschränkungen (Hardcore Restrictions), die unabhängig von den Marktanteilen der Akteure verboten sind und auch nicht vom Kartellverbot freigestellt werden können.
Aus den deutschen und europäischen kartellrechtlichen Regelungen sowie den Freistellungen und Negativmerkmalen der Vertikal-GVO ergeben sich bedeutsame Beschränkungen für die Ausgestaltung des Franchisevertrages und der Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer, von denen die wesentlichen wie folgt zu nennen sind:
I. Preisbindungen des Franchise-Nehmers
Die Vorgabe von Verkaufspreisen durch den Franchisegeber ist als klassische Preisbindung in jeglicher Form verboten (§ 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV), so dass die entsprechende Klausel im Franchisevertrag nichtig ist. Als zulässig anzusehen sind dagegen sog. „Kalkulationshilfen“ und „unverbindliche Preisempfehlungen“, letztere nur, solange sie nicht gezielt eingesetzt werden, um Druck bezüglich der Preisbindung auf den Franchisenehmer auszuüben (sog. Umgehungspreisempfehlung). Auch Verkaufsförderungsaktionen mit gebundenen Preisen können kartellrechtlich unbedenklich sein, wenn sie nur einen kurzen Zeitraum dauern (z. B. bei der Neueinführung von Produkten für vier Wochen) und ansonsten die Preishoheit des Franchisenehmers nicht spürbar beeinträchtigen. Zulässig ist die Vorgabe von Höchstpreisen, die dann jedoch nicht so niedrig festgesetzt werden dürfen, das faktisch kein Spielraum mehr besteht und dies eine indirekte Preisbestimmung darstellt.
II. Gebietsbeschränkungen und Gebietsschutzvereinbarungen
Gebietsbeschränkungen und Gebietsschutz dürfen im Franchise-System nur insoweit vereinbart werden, als ein Franchise-Nehmer nicht daran gehindert werden darf, Bestellungen von Kunden, die von sich aus von außerhalb des ihm zugewiesenen Vertragsgebietes an ihn herantreten, auszuführen (sogenannte passive Verkäufe). Wettbewerbsrechtlich zulässig sind daher nur Verbote eines aktiven Wettbewerbs des Franchisegebers außerhalb des ihm zugewiesenen Vertragsgebiets. Beschränkungen für Kunden des Franchise-Systems bzw. der Franchise-Nehmer dürfen demzufolge im Übrigen nicht herbeigeführt werden.
III. Beschränkungen bezüglich des Vertriebswegs – Internet, Onlineshops
Aus den obigen Ausführungen folgt zugleich, dass der Franchisenehmer grundsätzlich im Franchisevertrag auch nicht darin beschränkt werden darf, Waren und Dienstleistungen über das Internet und z. B. einen eigenen Online-Shop zu bewerben und zu vertreiben. Die Rechtsprechung betrachtet einhellig ein Internetangebot des Franchisenehmers, das regelmäßig auch außerhalb des zugewiesenen Vertragsgebiets abrufbar ist, im oben genannten Sinne nicht als eine aktive Wettbewerbsmaßnahme, sondern lediglich als werbliche Maßnahme. Kommt es aufgrund eines solchen Angebots zu einer Kontaktaufnahme und einem Vertragsabschluss mit einem Kunden, so handelt es sich daher um einen „passiven Wettbewerbs“ seitens des Franchisenehmers, der kartellrechtlich nicht verboten werden darf (s. o.).
Zulässig ist die Beschränkung von Verkäufen über das Internet unter bestimmten Voraussetzungen jedoch unter dem Gesichtspunkt besonderer qualitativer Kriterien, die an die Präsentation und Verkauf des Produkte nach ihrer Beschaffenheit nachvollziehbar gestellt werden. Dies folgt daraus, dass derartige Vorgaben für die z. B. Präsentation von Produkten, fachkundig beratendes Personal, bei sachlicher Rechtfertigung auch für den stationären Handel gemacht werden dürfen. Für den Online-Vertrieb soll insoweit nichts anderes gelten. Ist der Online-Vertrieb, z. B. auch über bestimmte Handelsplattformen, aus besonderen sachlich gerechtfertigten Gründen dem System, seinen Waren und Dienstleistungen und den Marken nachvollziehbar abträglich und mit berechtigten Interessen daher unvereinbar, so ist in diesem Umfang eine Beschränkung bezüglich des Vertriebswegs wie etwa dees Onlinevertriebs, evtl. beschränkt nur auf bestimmte Formen, zulässig.
IV. Bezugsbindungen des Franchisenehmers
Die Vereinbarung einer Bezugsbindung, die den Franchisenehmer verpflichtet, Waren ausschließlich vom Franchisegeber oder von einem von diesem benannten Lieferanten zu bestellen, ist grundsätzlich nur zulässig, wenn dies nicht mehr als 80 % der Einkäufe des Franchisenehmers an Vertragsprodukten betrifft. Wird diese Grenze überschritten, ist die Bezugsbindung nur noch dann zulässig, wenn die Verpflichtung notwendig ist, um die Identität und den Ruf des Franchisesystems zu erhalten oder das Know-how des Franchisegebers zu schützen, wobei über das regelmäßig vorliegende Maß hinausgehende strenge Anforderungen zu stellen sind.
V. Vertragliche Wettbewerbsverbote
Vertragliche Wettbewerbsverbote sind nur zulässig, soweit sie einen Zeitraum von fünf Jahren nicht übersteigen; dies gilt zum einen nicht, wenn der Franchisenehmer ein Franchiselokal in Räumlichkeiten betreibt, die vom Franchisegeber angemietet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinaus ausreicht, in dem der Franchisenehmer diese Räumlichkeiten nutzt. Auch hier können nur ausnahmsweise und bei besonderen Umständen hierüber hinausgehende Verbote und Beschränkungen zulässig sein, wenn die Verpflichtung notwendig ist, um die Identität und den Ruf des Franchisesystems zu erhalten oder das Know-how des Franchisegebers zu schützen.
VI. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu Lasten des Franchisenehmers sind nur höchstens bis zu einem Jahr zulässig, soweit sie unerlässlich sind, um das übertragene Know-how zu schützen, sich auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die mit den Waren oder Dienstleistungen des Franchisesystems im Wettbewerb stehen und sich auf die Räumlichkeiten und Grundstücke beschränken, von denen aus der Franchisenehmer während der Vertragsdauer seine Geschäfte betrieben hat.
An dieser räumlichen Begrenzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes wird in der Literatur zu Recht gezweifelt; bei zutreffender Auslegung sollte das Wettbewerbsverbot in räumlicher Hinsicht durchaus weiter gefasst werden dürfen; unberührt von den vorstehenden Ausführungen bleibt die Möglichkeit für den Franchisegeber, die Nutzung und Offenlegung von nicht allgemein bekannt gewordenem Know-how zeitlich unbegrenzt zu untersagen.
Die Beachtung der vorstehend aufgezählten wie auch weitere sich aus dem Kartellrecht ergebenden Beschränkungen bei der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses mit dem Franchisenehmer ist unbedingt zu empfehlen, da Verstöße gegen die kartellrechtlichen Verbote mit empfindlichen und im Einzelfall existenzbedrohenden Bußgeldern belegt werden können.