Franchiserecht

In welcher Form kann ein Franchisegeber Gebietsschutz regeln?

Als am 1. Januar 2000 die „Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen“ (Vertikal-GVO) in Kraft getreten ist, die Anfang Juni 2010 durch eine Neufassung abgelöst wurde, kam das Gerücht auf, es könne kein Gebietsschutz mehr vereinbart werden.

I. Was ist eigentlich eine Gruppenfreistellungsverordnung?

Die Vertikal-GVO enthält in der Tat eine wichtige Regelung, die den Gebietsschutz betrifft. Die Vereinbarung von „Beschränkungen des Gebietes oder Kundenkreises“ (das ist die Sprache der Vertikal-GVO) in einem Franchisevertrag kann dazu führen, dass der Franchisegeber nicht mehr in den Genuss der Gruppenfreistellung kommen kann.

Das Problem tritt allerdings nur auf, wenn bei der Gestaltung des Gebietsschutzes ein Fehler begangen wird. Gebietsschutz kann in verschiedenen Formen auftreten:

Erste Form: Gebietsschutz kann bedeuten, dass lediglich Sie als Franchisegeber die Pflicht übernehmen, keinen zweiten Systembetrieb in dem Vertragsgebiet zuzulassen. Diese Form ist vollkommen unproblematisch.

Zweite Form: Gebietsschutz ist auch in der Form denkbar, dass den Franchisenehmer die Pflicht trifft, außerhalb seines Gebiets nicht tätig zu werden. Diese Form von Gebietsschutz ist nicht uneingeschränkt möglich. Aus kartellrechtlichen Gründen darf dem Franchisenehmer maximal verboten werden, aktiven Verkauf außerhalb seines Gebietes zu betreiben.

Die erste Form des Gebietsschutzes kann also ganz unproblematisch vereinbart werden. Wenn zusätzlich die zweite Form des Gebietsschutzes vereinbart werden soll, ist zu beachten, dass dem Franchisenehmer nicht generell verboten werden darf, an Kunden außerhalb seines Gebietes zu verkaufen. Verboten werden darf insoweit nur der aktive Verkauf. Das Verbot des „aktiven Verkaufs außerhalb des Vertragsgebiets“ kann dementsprechend unproblematisch in den Franchisevertrag aufgenommen werden.

Bei der Gestaltung ist jedoch jedenfalls zu empfehlen, einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuziehen.

Weil der aktive Verkauf an Kunden außerhalb des Gebietes nicht verboten werden darf, ist jeder Franchisenehmer berechtigt, Werbemaßnahmen durchzuführen, die sich zwar nicht gezielt an Empfänger auch außerhalb seines Vertragsgebietes richten, dort jedoch als allgemeine Werbemaßnahme (auch) wahrnehmbar sind.

Kunden, die aufgrund dieser Werbemaßnahmen ihren Weg zu dem Franchisenehmer finden, dürfen bedient werden. Deshalb kann einem Franchisenehmer auch nicht verboten werden, eine eigene Website zu betreiben – denn eine Website ist allgemeine Werbung und kein „aktiver Verkauf“.

Verbote, eine Website zu betreiben, gefährden daher die Freistellungsfähigkeit. Allerdings dürfen für die Nutzung der Vertragsrechte (also im Hinblick auf Ihr geistiges Eigentum als Franchisegeber) im Zusammenhang mit Websites Regeln – insbesondere z. B. qualitative Anforderungen – aufgestellt werden, um einen „Wildwuchs“ bei Internet-Auftritten und marken- und imageschädigende Online-Vermarktungen von Franchisenehmern zu vermeiden.

II. Darf eigentlich auch vollständig auf Gebietsschutz verzichtet werden?

Selbstverständlich ja. Gelegentlich hört man zwar, Gebietsschutz sei eines der Wesensmerkmale des Franchisings. In unserer liberalen Rechts- und Wirtschaftsordnung ist es jedoch jedenfalls häufig nicht zwingend, mit den Franchisenehmern Gebietsschutz zu vereinbaren. Es gibt durchaus einige Franchisesysteme, die keinen Gebietsschutz kennen.