Franchiserecht

Keine Angst vor fremden Märkten

Die zunehmende Internationalisierung von Konzepten und Marken in den Industrie- und Schwellenländern und die damit einhergehende Angleichung von Verbraucherverhalten steigert die Wahrscheinlichkeit, dass Franchisesysteme ins Ausland expandieren werden. Häufig erhalten inzwischen sogar kleine Franchisegeber, die in ihrem Heimatland erst eine Handvoll Franchisenehmer gewonnen haben, bereits Anfragen aus dem Ausland. Wer als Franchisegeber bisher überwiegend auf seinem Heimatmarkt aktiv war, unterschätzt meist die Herausforderung, die durch Sprach-, Rechts- und Kulturunterschiede entsteht. Es wird dann voreilig auf „Master-Franchising“ gesetzt, in der irrigen Erwartung, sich mit dem Zielland nicht näher beschäftigen zu müssen. Um Franchiseverträge oder Master-Franchiseverträge mit ausländischen Franchisenehmern zu verhandeln und erfolgreich abzuschließen, sollte das Management des Franchisegebers einige Grundregeln kennen:

Franchising ist in einigen Ländern gesetzlich geregelt. Die nationalen gesetzlichen Regeln dieser Länder greifen selbst dann, wenn auf den Franchisevertrag oder Master-Franchisevertrag deutsches Recht anwendbar sein soll. SieFranchisegeber können einer Beherrschung dieser Regeln also nicht entgehen. Zu diesen Ländern gehören u. a. Frankreich, Belgien, Spanien, Italien, Schweden, USA, Kanada (einige Provinzen) und Australien. Typischerweise ist in diesen Ländern mindestens eine streng formalisierte, vorvertragliche Informationserteilung erforderlich. Mit Ihrem für Deutschland entwickelten vorvertraglichen Informationsdokument kommen Sie in diesen Ländern nicht weiter. Damit geht ebenso typisch einher, dass zwischen der Aushändigung des formalisierten Informationsdokuments und der Unterzeichnung des Franchisevertrages eine gesetzlich normierte Wartefrist eingehalten werden muss (z. B. Frankreich, Belgien, Australien, USA). Teilweise ist zusätzlich für jeden Standort von dem Franchisegeber eine lokale Marktstudie zu beschaffen und dem Franchisenehmer vor Vertragsabschluss auszuhändigen (z. B. Frankreich, Belgien). Hinzu kommt in manchen Ländern, dass auch der Franchisevertrag selbst bestimmte Inhalte haben muss (z. B. Australien). Bei der Einhaltung dieser Regelungen müssen sich Franchisegeber von lokalen Spezialisten unterstützen lassen. Es ist nicht ratsam (im Grunde ein hoffnungsloses Unterfangen), die Einhaltung ausländischer gesetzlicher Vorschriften mit eigenen Mitarbeitern bewerkstelligen zu wollen.

Zu beachten ist, dass außerhalb des EU-Binnenmarktes andere kartellrechtliche Bestimmungen gelten. Vertragsbestimmungen in einem Franchisevertrag, der z. B. für die Verwendung in Deutschland konzipiert wurde, können im Ausland unwirksam sein. Es ist dabei vollkommen unerheblich, ob der Franchisevertrag auch im Ausland die Anwendbarkeit des deutschen Rechts vorsieht. Wer nun meint, dieses Thema betreffe ihn nicht bzw. allenfalls in vielen Jahren, sei allein daran erinnert, dass z. B. die Schweiz nicht Mitglied der EU ist.

Franchisegeber müssen vor der gründlichen Strukturierung der Expansion in andere Länder mehrere Schlüsselfragen stellen:

  • Welche Expansionsmethode soll verwendet werden?
  • Wenn Ihr Unternehmen des Franchisegebers bzw. ein von ihm gehaltenes Unternehmen für die Vergabe von Franchiselizenzen im Zielland zuständig ist: In welcher Sprache und nach dem Recht welchen Landes sollen die Franchiseverträge oder Master-Franchiseverträge abgefasst werden? Bei dieser Entscheidung spielt es eine Rolle, dass die Verwendung einer Sprache, die die Menschen in dem Zielland nicht als Muttersprache verstehen, ein Expansionshindernis sein kann. Andererseits ist die Verwendung einer Sprache, die der Franchisegeber und seine Mitarbeiter selbst nicht fließend sprechen, deshalb ein Problem, weil nicht gesichert ist, ob der Franchisevertrag bzw. Master-Franchisevertrag wirklich diejenigen Regelungen enthält, die man vermutet. Sie sind, mit anderen Worten, irgendeinem Übersetzer ausgeliefert und dieses Problem wiederholt sich von Land zu Land. Viele Franchisegeber sind deshalb dazu über gegangen, alle internationalen Franchiseverträge bzw. Master-Franchiseverträge in englischer Sprache abzufassen und sich auf den Standpunkt zu stellen, dass Menschen, die nicht fließend Englisch sprechen, ohnehin nicht Franchisenehmer werden sollten. Letzteres ist dann allerdings wiederum Barriere für eine schnelle Expansion. Übersetzungen sind oftmals verheerende Fehlerquellen, vor allem, wenn mangels eigener Sprachkenntnis die Qualität einer Übersetzerleistung nicht überprüft werden kann. Ist einmal eine missverständliche – und meist gleichwohl teure – Übersetzung in der Welt, kennt die – noch teurere – Verwirrung keine Grenzen mehr. Deshalb sollte, wo immer es möglich ist, der Autor eines Vertrages – oft ein Anwalt – auch die Übersetzung in die Vertragssprache selbst vornehmen; ansonsten sollte der Übersetzer juristisch qualifiziert sein oder zumindest der Autor die Übersetzungsarbeiten laufend überprüfen.
  • Wenn das Recht des Ziellandes vereinbart werden soll – was generell nicht ratsam ist – können Sie Ihren z. B. für Deutschland entwickelten Franchisevertrag nicht verwenden. Eine Übersetzung allein ist nicht die Lösung, weil es an dieser Stelle nicht um die Sprache, sondern um das anwendbare Recht geht. Sie werden nicht umhin kommen, einen Rechtsanwalt in dem Zielland mit der Anpassung zu beauftragen. Geeignete ausländische Spezialisten für Franchising, die ausnahmslos gut Englisch sprechen, sind auf der Website www.franchise-lawyers.net zu finden.
  • Wurden für das Zielland bereits die zu dem Franchisekonzept gehörenden Marken registriert? Wurde auch die länderspezifische Top-Level-Domain registriert? Selbst wenn man der Meinung ist, dass der größte Teil der Arbeit von einem Master-Franchisenehmer erledigt werden soll – was letztlich keine gute Idee ist, wie sich im Laufe der Zeit herausstellen wird. Die Marken und die Domain müssen auf das Unternehmen des Franchisegebers registriert sein.
  • Möchten Franchisegeber auch im Ausland die Hoheit über das Franchisekonzept behalten, müssen sie sich vor Augen führen, dass sie sich dann auch darum kümmern müssen: Sie müssen prüfen und entscheiden, welche Anpassungen an dem Franchisekonzept vorgenommen werden müssen, damit es in dem Zielland überhaupt erfolgreich sein kann. Dabei geht es nicht nur um naheliegende Anpassungen wie z. B. das Streichen von Alkohol und Schweinefleisch von der Karte, wenn in muslimisch-geprägte Länder expandiert wird. Tatsächlich muss fast jedes Detail des Konzepts daraufhin überprüft werden, ob es in dem Zielland den gleichen Erfolg haben kann wie in Ihrem Stammland. Bedingt durch die so gewonnenen Erkenntnisse, müssen anschließend die entsprechenden Änderungen an dem Franchise- bzw. Betriebshandbuch vorgenommen werden.

Wenn ein Vertragsgebiet festgelegt wird, müssen Franchisegeber eine präzise Bezeichnung verwenden und sich vergewissern, welche Territorien womöglich zu dem Land gehören. Die meisten Deutschen wissen natürlich, dass zu Spanien auch eine Reihe von interessanten Inseln z. B. im Atlantik gehört. Aber wussten Sie, dass Frankreich relevante Territorien im Pazifik hat, z. B. die Urlaubsinsel La Réunion, die durchaus über Marktpotential verfügt? Wichtig ist, dass Franchisegeber in dem Franchisevertrag bzw. Master-Franchisevertrag regeln, welchen Einfluss die Verschiebung von Grenzen hat. Wer die Ukraine als Vertragsgebiet vergeben hat, muss sich z. B. fragen, ob die Krim noch dazu gehört. Die völkerrechtliche Anerkennung verschobener Grenzen – die womöglich jahrzehntelang umstritten bleibt – und die Möglichkeit, überhaupt noch Zugriff auf bestimmte Landstriche zu haben, können in der Praxis auseinander fallen. Welche Lösung man für diese Sachverhalte auch immer bevorzugt: Es muss sichergestellt sein, dass die Antworten in den Verträgen unmissverständlich enthalten sind.

Werden Umsatz- oder Expansionsziele gesetzt, sollte klar sein, ob sie nur angestrebt (und z. B. mit einem Bonus oder einer höheren Provision belohnt) oder obligatorisch sind (und ihre Verfehlung z. B. eine Vertragsstrafe nach sich zieht). Auch hier sollte man auf klare Begriffe achten: Die Begriffe „target“, „milestone“, „benchmark“ erklären sich nicht von selbst. Das Wort „sales“ kann sich auf alle oder einzelne Produkte, auf Brutto- oder Nettoumsatz mit oder ohne Storni, Rabatte oder Retouren beziehen.