Franchiserecht

Maßnahmen zur Sicherung der Einkaufsvorteile für den Franchisegeber

In den meisten Franchisesystemen werden sogenannte „Bezugsbindungen“ vereinbart, d. h. die Franchisenehmer werden verpflichtet, bestimmte Waren oder Produkte, wie z. B. Marketingmaterialien oder Bekleidung, bei von dem Franchisegeber vorgegebenen Herstellern oder Lieferanten, den so genannten Systemlieferanten, zu beziehen. Diese Systemlieferanten gewähren für die bei ihnen bezogenen Waren und Produkte in der Regel Rabatte und so genannte „Einkaufsvorteile“. Während die Franchisenehmer von den von ihrem Franchisegeber ausgehandelten Rabatten direkt profitieren, behalten die Franchisegeber die gewährten Einkaufsvorteile meist für sich ein, d. h. kehren sie nicht an ihre Franchisenehmer aus. Dies vor dem Hintergrund, dass die Einkaufsvorteile für die Bestellungen der Franchisenehmer gewährt werden, d. h. auf der Warenabnahme der Franchisenehmer beruhen.

Da es, je nach dem Bezugsvolumen, um erhebliche Beträge in Millionenhöhe gehen kann, weckt dies Begehrlichkeiten auf Seiten der Franchisenehmer. Daher war die Frage, wem die Einkaufsvorteile im Innenverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer zustehen, mehrfach Gegenstand von Verfahren vor dem Bundesgerichthof.

I. Die Definition des Begriffs der „Einkaufsvorteile“

Unter „Einkaufsvorteile“ versteht man grundsätzlich wirtschaftliche Vorteile, die von den Lieferanten des Franchisesystems im Hinblick auf die Warenabnahme gewährt werden. Diskutiert wird aber nur die Behandlung der Einkaufsvorteile, die zeitlich nach dem Warenbezug von den Lieferanten ausgeschüttet werden, d. h. insbesondere Rückvergütungen, Provisionen, Bonuszahlungen und Kick-Backs (so genannte „spätere Konditionen“). Je nach Branche werden diesbezüglich unterschiedliche Begriffe verwendet.

Zur Klarstellung: Einkaufsvorteile, die in Form von Rabatten und Preisnachlässen bei dem Warenbezug als unmittelbare Vorteile gewährt werden (so genannte „sofortige Konditionen“), stehen natürlich den Franchisenehmern zu. Es geht auch nicht darum, dass ein Franchisegeber, wenn er selbst als Hersteller, Importeur oder Zwischenhändler auftritt, bei dem Verkauf der Waren an seine Franchisenehmer an einer Handelsspanne verdient. Das ist eine Selbstverständigkeit in unserer Wirtschaftsordnung und zweifellos zulässig. Schwierigkeiten kann es bei dieser Konstruktion allenfalls geben, wenn die Handelsspanne mit den Leistungen aus dem Franchisevertrag verknüpft wird, wenn es sich also letztendlich um verdeckte Franchisegebühren handelt.

II. Die unendliche Geschichte der Einkaufsvorteile

Der Streit, ob die Einkaufsvorteile in Form der späteren Konditionen, die auf dem Warenbezug der Franchisenehmer beruhen, dem Franchisenehmern oder dem Franchisegeber zustehen, hat eine lange Tradition. Es geht häufig um beträchtliche Beträge, so dass bei den bekannten Franchisesystemen „Sixt“, „Apollo Optik“, „Praktiker“ und „Hertz“ die Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragspartnern bis zum Bundesgerichtshof ausgetragen wurden.

Dass die zugrundeliegende Rechtslage lange ungeklärt blieb, ist darauf zurückzuführen, dass der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen die Klärung der Frage, ob die Franchisenehmer einen gesetzlichen Anspruch auf die Einkaufsvorteile haben, aufgrund vertraglicher Regelungen offen lassen konnte. Zwar ist beispielsweise der Franchisegeber des „Apollo Optik“-Franchisesystems zur Auszahlung von Einkaufsvorteilen verurteilt worden. Grund dafür war aber die Formulierung in dem Franchisevertrag, wonach „Vorteile (…) zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge an den Partner“ weitergegeben werden. Der Bundesgerichtshof hat diese Klausel zu Lasten des Verwenders, d. h. hier des Franchisegebers, dahingehend ausgelegt, dass sich der Franchisegeber mit dieser Regelung verpflichtet habe, die erzielten Einkaufsvorteile an seine Franchisenehmer weiterzuleiten.

Allerdings hat der „Praktiker“-Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2008 eine gewisse Rechtssicherheit zugunsten der Franchisegeber mit sich gebracht. Zwar ging es im Rahmen dieser Entscheidung nicht um die eigentliche Frage, ob den Franchisenehmern ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung der Einkaufsvorteile zusteht, sondern um die Beurteilung, ob eine vertragliche Verknüpfung zwischen einer ausschließlichen Bezugsbindung und einer Nichtweitergabe von Einkaufsvorteilen eine unbillige Behinderung gemäß § 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) darstellt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof den Zahlungsansprüchen der Franchisenehmer hinsichtlich der Einkaufsvorteile über den Umweg des Kartellrechts eine Absage erteilt, sodass er auch zur Klärung der zivilrechtlichen Lage beigetragen hat. Er hat nämlich in der Begründung seines Beschlusses auf das „Sixt“-Urteil, die „Apollo Optik“-Urteile und das „Hertz“-Urteil Bezug genommen. Dabei hat er betont, dass seiner Ansicht nach in dem „Sixt“-Urteil entschieden wurde, dass keine gesetzliche Pflicht des Franchisegebers zur vollständigen Weiterleitung der Einkaufsvorteile bestehe. Eine solche Pflicht sei lediglich im Einzelfall den Regelungen des jeweiligen Franchisevertrages zu entnehmen. Der Bundesgerichtshof hat aber auch erkennen lassen, dass für seine Beurteilung von Bedeutung gewesen ist, dass der Franchisegeber Leistungen erbracht hat, die einen Einbehalt der Einkaufsvorteile rechtfertigen. Der Franchisegeber habe neben dem Koordinierungsaufwand und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch das von ihm beauftragte Konzernunternehmen insbesondere das Risiko von Insolvenzen der Franchisenehmer zu tragen, das durch den Eigentumsvorbehalt nicht vollständig abgedeckt sei. Auch sei der Franchisegeber als Verkäufer gegenüber den Franchisenehmern gewährleistungspflichtig.

Da der Bundesgerichtshof sich auch in diesem Beschluss nicht endgültig festgelegt hat, kommt es in verschiedenen Franchisesystemen immer wieder einmal zum Aufflackern von Streitigkeiten über Einkaufsvorteile. Dies erfolgt teilweise auch indirekt unter dem Gesichtspunkt behaupteter Schadensersatzansprüche der Franchisenehmer aufgrund von außerordentlichen Kündigungen. Nach einer regelrechten „Klagewelle“ ist zwischenzeitlich allerdings eine gewisse Beruhigung festzustellen. Grund dafür ist einerseits, dass die meisten Klagen der Franchisenehmer abgewiesen worden sind, da sich in der Rechtsprechung eine klare Tendenz abzeichnet, einen gesetzlichen Anspruch auf Weiterleitung von Einkaufsvorteilen zu verneinen. Andererseits dürften die meisten Franchisegeber zwischenzeitlich in ihren Franchiseverträgen eine vertragliche Regelung zur Behandlung von Einkaufsvorteilen aufgenommen, d. h. für entsprechende Rechtssicherheit gesorgt haben.

III. Maßnahmen zur Sicherung der Einkaufsvorteile und Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten

Anhand der bisher erfolgten Rechtsprechung und der Diskussionen im Schrifttum zeigt sich, dass drei Bereiche für den Franchisegeber bestehen, in denen die Behandlung der Einkaufsvorteile eine Rolle spielt und Handlungsbedarf für ihn besteht.

1. Die vorvertragliche Aufklärung

Zunächst einmal ist zu berücksichtigen, dass ein Franchisegeber im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung, d. h. vor Abschluss eines Franchisevertrages, die Franchisenehmer-Interessenten darüber informieren muss, wenn er Einkaufsvorteile nicht bzw. nicht vollständig an diese weiterleitet, sondern zumindest teilweise einbehält (vgl. zu den Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärung). Es ist daher unbedingt ratsam, dass Franchisegeber in dem schriftlichen Dokument, das zur Erfüllung der Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärung erstellt wird und den Franchisenehmer-Interessenten vor Vertragsabschluss gegen Empfangsbestätigung zu übergeben ist, auf die Handhabung der Einkaufsvorteile hingewiesen wird. Die Erfahrung zeigt, dass dies dann, wenn in diesem Rahmen seitens des Franchisegebers erläutert wird, welche Gegenleistungen er dafür erbringt (z. B. Lieferantenmanagement, Aushandlung der Einkaufskonditionen, Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Übernahme eines Delkredererisikos etc.) von den Interessenten ohne Diskussion akzeptiert wird.

2. Die Regelung der Handhabung im Franchisevertrag

Das oben genannte Beispiel im Rahmen des „Apollo Optik“-Franchisesystems zeigt, wie sorgfältig die Vertragsgestaltung vorgenommen werden muss, um zu vermeiden, dass den Franchisenehmern aufgrund einer unklaren Formulierung ein vertraglicher Anspruch auf Weiterleitung der Einkaufsvorteile zugestanden wird. Daher empfiehlt es sich bereits aus diesem Grund, ausdrücklich im Rahmen eines eigenen Absatzes klarzustellen, wie die Einkaufsvorteile in dem Franchisesystem gehandhabt werden. Dies dient nicht nur dazu, etwaige unklare Formulierungen innerhalb des Franchisevertrages richtigzustellen, sondern auch dazu, für Rechtssicherheit zu sorgen. Die noch nicht endgültige geklärte Frage, ob es denn nun einen gesetzlichen Auszahlungsanspruch der Franchisenehmer gibt oder nicht, stellt sich bei einer entgegenstehenden vertraglichen Regelung schon gar nicht.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich auch bei einer solchen Regelung um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Um daher die Diskussion, ob es nicht ungemessen sein könnte, wenn der Franchisegeber von den Systemlieferanten im Hinblick auf den Warenbezug seitens der Franchisenehmer gewährte Vorteile einbehält, zu vermeiden, sollte genau geregelt werden, dass und welche Gegenleistungen seitens der Franchisenehmer mit dem Einbehalt der Vorteile bezahlt werden. Wenn der Franchisegeber im Zusammenhang mit den Einkaufsvorteilen eigene Leistungen erbringt, beispielsweise entsprechende Verhandlungen mit Lieferanten führt oder ein Waren- und Lieferantenmanagement betreibt, hat er ein berechtigtes Interesse daran, sich diese Leistungen vergüten zu lassen. Die vereinbarte Vergütung kann dann auch darin bestehen, mit den Franchisenehmern zu vereinbaren, dass dem Franchisenehmer die von den Lieferanten gewährten Vorteile zustehen sollen.

Daneben kommt auch die Anknüpfung an sonstige Leistungen des Franchisegebers in Betracht, wenn es sich nicht um eine willkürliche Scheinanknüpfung handelt. Dabei ist es zum einen ratsam, die Vereinnahmung der Vorteile ausdrücklich als Gegenleistung für Leistungen des Franchisegebers zu definieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Aufschlüsselung dieser Leistungen des Franchisegebers selbstverständlich von der Aufzählung der laufenden Unterstützungsleistungen des Franchisegebers, für die der Franchisenehmer ja bereits die Franchisegebühr zu entrichten hat, unterscheiden muss. Wenn diese klare Unterscheidung erfolgt, kann auch damit argumentiert werden, dass, da die Einkaufsvorteile einbehalten werden können, die Franchisegebühr reduziert werden konnte.

3. Die Vermeidung einer „Summierungswirkung“

Während das Bundeskartellamt bei der Beurteilung des „Praktiker“-Franchisesystems gerade in der Kombination des Einbehalts der Einkaufsvorteile und der Alleinbezugsverpflichtung eine unbillige und damit kartellrechtswidrige Behinderung gesehen hat, lehnt der Bundesgerichtshof dies in seinem „Praktiker“-Beschluss vom 11. Oktober 2008 ab. Er begründet dies damit, dass, wenn keine der beiden Behinderungen für sich genommen unbillig sei, dies auch für eine Kombination der beiden Elemente gelte.

Diese Argumentation ist aber nicht nachvollziehbar und gefährlich. Selbstverständlich kann die Verknüpfung verschiedener vertraglicher Verpflichtungen dazu führen, dass letztlich deren Gesamtheit zu einer Unbilligkeit der Behinderungen führt. Dies könnte beispielsweise bereits dann vorliegen, wenn zu einer ausschließlichen Bezugsbindung und einem fast vollständigen Einbehalt der Einkaufsvorteile eine mehr als 5-jährige Laufzeit des Franchisevertrages tritt. Oder welche Folgen hat es, wenn der Franchisegeber, der als Zwischenhändler auftritt, neben dem Einbehalt der Einkaufsvorteile den an die Franchisenehmer gelieferten Waren auch noch eine Handelsspanne auferlegt? Daher gilt kartellrechtlich weiterhin: „Wer zu viel will, kann alles verlieren.“ Die Gefahr einer „Summierungswirkung“ ist zwar durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs stark reduziert worden, sie besteht aber weiterhin.

Bei Einritt dieser „Summierungswirkung“ haben die Franchisenehmer (in zivilrechtlicher Hinsicht) sogar einen Anspruch auf Schadensersatz wegen kartellrechtswidrigen Verhaltens. Hinzu kommt, dass bei der Würdigung durch den Bundesgerichtshof in seinem „Praktiker“-Beschluss einige Besonderheiten Berücksichtigung gefunden haben, die nicht auf jedes Franchisesystem zutreffen werden. Nicht jeder Franchisegeber tritt als Großhändler auf, der die Bestellungen seiner Franchisenehmer bündelt, damit deren Insolvenzrisiko trägt und ihnen gegenüber gewährleistungspflichtig ist. Oftmals werden, insbesondere in Franchisesystemen mit nur einem Pilotbetrieb und ohne eigene Filialen, das Einkaufsvolumen der Franchisenehmer auch den weitaus größten Anteil am Gesamtumsatz betragen und die erzielten Einkaufsvorteile daher überwiegend auf deren Tätigkeit beruhen.

Wenn ein Franchisegeber die Einkaufsvorteile nicht weiterleiten will, sollte er (unter kartell- und zivilrechtlichen Gesichtspunkten) daher mit seinen Franchisenehmern eine höchstens 80%ige Bezugsbindung vereinbaren oder jedenfalls höchstens 5-jährige Vertragslaufzeiten in Betracht ziehen.