Markenaufbau mittels eines Franchisesystems erfordert es, an jedem Standort das Markenerlebnis einheitlich zu reproduzieren. Das klingt einfach. Eigentlich ist das auch einfach, wenn man einige Grundregeln beachtet. In der Praxis scheitert gleichwohl der überwiegende Teil der Franchisegeber bereits an dieser Aufgabe.
Die Schwierigkeiten beginnen für viele Franchisegeber-Unternehmen schon damit, dass sie nicht verstanden haben, was es bedeutet, eine Marke einheitlich aufzuladen. Manche Franchisegeber kennen weder das eigene Markenversprechen noch wissen sie, welche Verhaltensweisen eines jeden Mitarbeiters eines jeden Franchisenehmers an jedem einzelnen Standort in welcher Weise zusammenwirken müssen, um das Markenerlebnis zu erschaffen, das Markenversprechen einzulösen und dadurch für die einheitlich positive Aufladung zu sorgen. Vielfach wird Corporate Design mit Corporate Identity verwechselt. Es ist nämlich ein Fehler, anzunehmen, eine ausreichende Einheitlichkeit sei erreicht, wenn Leuchtwerbung und Storedesign einheitlich gestaltet werden. Das stimmt vielleicht dann teilweise, wenn man bereits über eine Weltmarke verfügt und damit ein Einzelhandelssystem aufbauen möchte. Denn dann ist die Marke bereits aufgeladen, unabhängig von dem Franchisesystem. In allen anderen Fällen ist eher eine Verwässerung der Marke zu befürchten. Ein Franchisesystem kann für den Markenaufbau auch enorm schädlich sein, wenn man Franchising nicht richtig verstanden hat. Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg als Franchisegeber ist es deshalb, zu verstehen, wie eine Marke funktioniert und vor allem, auf welche Weise man sie überhaupt im Bewusstsein der relevanten Kundenkreise positiv aufladen kann. Man könnte eine ganze Bibliothek mit den Büchern füllen, in denen beschrieben wird, wie man den Aufbau einer Marke generell bewerkstelligt. Darum soll es deshalb hier nur am Rande gehen. Das Grundverständnis dafür, dass ein unbekanntes Warenzeichen keine „Marke“ ist, die diese Bezeichnung wirklich verdient, und dass selbst reine Bekanntheit in den relevanten Kundenkreisen ohne einheitliche positive Aufladung keinen ausreichenden Nutzen hat, kann für unsere Zwecke vorläufig genügen.
An dieser Stelle sei eine Zwischenbemerkung gestattet: Der Begriff des „Kunden“, so wie er hier verwendet wird, bezeichnet den Endkunden. Dieses Verständnis ist bereits ein Teil der Erkenntnis, wie Franchising funktioniert: Erfolgreiche Franchisegeber verstehen ihre Franchisenehmer nicht als „Kunden“, sondern als Kommunikations- und Vermarktungsinstrument im Verhältnis zu den Kunden. Das unterscheidet Franchising vom Vertragshandel. Franchisenehmer haben den Auftrag, die Marke vor Ort bekannt zu machen und sie so aufzuladen, wie es der Franchisegeber erdacht hat. Das sollte dann bitte auch in den Franchiseverträgen geregelt werden – ein Versäumnis in vielen Systemen.
Wenn es dem Franchisegeber wenigstens einigermaßen gelingt, die Marke einheitlich aufzuladen, wird eine Reihe von Problemen in den Franchisesystemen erheblich abgeschwächt: Eine einheitlich positiv aufgeladene Marke erhöht den Erfolg der Franchisenehmer, die Finanzierung der Franchisenehmer gelingt einfacher, die Bindungswirkung an das System steigt, die Menge an Konflikten geht zurück, die Expansion wird beschleunigt.
Wie soll nun die einheitlich positive Aufladung der Marke erreicht werden? Es gibt mehrere Wege. Ein Franchisegeber mit Industriehintergrund verfügt möglicherweise bereits über eine aufgeladene Marke, die er in Jahrzehnten mit viel Finanzaufwand geschaffen hat. Oder er kann sie mit einem Werbebudget von mehreren Dutzend Millionen Euro gezielt für das Franchisesystem erschaffen. Für Unternehmen, die nicht über solche finanziellen Ressourcen verfügen, gibt es eine Alternative: Auch diese Unternehmen haben die Chance, innerhalb weniger Jahre eine bekannte Marke aufzubauen und können dies sogar ohne ein nennenswertes Werbebudget bewerkstelligen: Um das zu erreichen, gilt es, den Markenaufbau mit dem Franchisesystem selbst zu organisieren. Das ist ein viel effizienterer Weg als die Investition in flächendeckende Werbung, zumal eine landesweite Streuung von Werbung nur dann Sinn ergibt, wenn das Franchisesystem einigermaßen eine Flächendeckung erreicht hat. Was nützt es, wenn die Verbraucher z. B. in München wissen, für was die Marke steht, wenn es in München keinen Systembetrieb gibt? Dass der Aufbau einer Marke mittels des Franchisesystems kein Wunschtraum bleiben muss, haben Unternehmen wie clever fit und Vapiano bewiesen: In wenigen Jahren sind diese Franchisegeber zu deutschlandweit bekannten Marken geworden bzw. befinden sich auf dem besten Weg zur Weltmarke.
Der erste Schritt auf diesem Weg besteht darin, dass Gesellschafter und Management des Franchisegeber-Unternehmens das Markenversprechen selbst verstanden haben, dass sie wissen, was zu seiner Einlösung getan werden muss. Im zweiten Schritt muss dann, daraus abgeleitet, in jedem Detail festgelegt werden, wie das Markenerlebnis für die Kunden in jeder Situation erfahrbar gemacht werden soll. Hier geht es, bildlich gesprochen, um die Justierung hunderter oder tausender von Stellschrauben im Umgang mit den Kunden. Das Ergebnis dieser Detailfestlegung sind verbindliche Handlungs- und Verhaltensrichtlinien für jeden, der im Zusammenhang mit der Marke in Erscheinung tritt, vor allem für die Franchisenehmer und die Mitarbeiter in den Systembetrieben. Bei diesen Handlungs- und Verhaltensrichtlinien handelt es sich später um den Kern des Betriebshandbuchs, dessen Erstellung bzw. Überarbeitung auf den zweiten Schritt folgen wird. In dem zweiten Schritt geht es, mit anderen Worten, zunächst um die Frage: Wie muss der Systembetrieb im Detail geführt und die Marke für die Kunden im Detail erlebbar gemacht werden? Man kann das aus der Antwort auf diese Frage abgeleitete Regelwerk richtigerweise „Marketingkonzept“ nennen, wobei man auch daran denken sollte, dass dieser Begriff gewisse Nachteile hat, weil die meisten Menschen – auch Kaufleute – Marketing mit Werbung verwechseln. Um Werbung geht es nicht. Es geht um die Schaffung des immer gleichen Markenerlebnisses. Die Festschreibung der Handlungen, die täglich vorgenommen werden müssen, um das Markenerlebnis in jedem Systembetrieb zu reproduzieren, ist die Schlüsselfunktion des markenaufbauorientierten Betriebshandbuchs.
Es ist schon viel über die Funktionen und Inhalte von Betriebshandbüchern geschrieben worden. Merkwürdig, dass dieser Aspekt kaum jemals erwähnt wird. Damit ist auch das unzureichende Verständnis von Betriebshandbüchern eine der wesentlichen Ursachen für das Ausbleiben von Erfolg in Franchisesystemen. Nicht deshalb, weil allein das Vorhandensein eines in diesem Sinne „guten“ (nämlich markenaufbauorientierten) Handbuchs etwas bewirkt. Die Wirkung des Handbuchs allein könnte kaum geringer sein. Sondern deshalb, weil sich Gesellschafter und Management des Franchisegeber-Unternehmens im Zuge der Erstellung des markenaufbauorientierten Handbuchs selbst bewusst machen, welche Stellschrauben es gibt und wie diese im Detail justiert werden müssen, um ein bestimmtes Markenerlebnis zu erreichen.
Die Erstellung eines markenaufbauorientierten Betriebshandbuchs kann man also als separaten, als dritten Schritt auf dem Weg zum Markenaufbau ansehen. An dieser Stelle gilt es, mit typischen Missverständnissen im Zusammenhang mit Handbüchern aufzuräumen: Auf die äußere Form kommt es nicht maßgeblich an. Das Handbuch soll schnell verfügbar, gut lesbar und leicht verständlich sein. Dieses Ziel kann mit einem Papierhandbuch, mit einer CD-ROM oder DVD und mit einem Onlinetool erreicht werden. Letztlich ist das Geschmackssache, wobei die Hingabe auf einem Datenträger die unerlaubte Vervielfältigung begünstigten kann. Keine Geschmackssache ist indes die Erkenntnis, dass Franchisegeber ihre Betriebshandbücher bitte nicht von einer Werbeagentur erstellen lassen sollten: Woher soll denn eine Werbeagentur wissen, wie das Markenerlebnis in hunderten von Details durch die Betriebsführung erzeugt werden kann? Agenturen erstellen typischerweise nutzlose Handbücher. Das gipfelt in Handbüchern, die Werbung dafür machen wollen, sich dem Franchisesystem anzuschließen. In diesen Fällen hat man offenkundig vergessen, der Agentur zu erklären, um was es überhaupt geht. Das ist kein schlechter Scherz, sondern die traurige Realität – vor allem in Systemen mit Industriehintergrund. Daraus folgt des Weiteren, dass es keinen externen Anwalt oder Berater gibt, der die Inhalte des Handbuchs bereitstellen kann. Die Inhalte müssen von den Schlüsselmitarbeitern des Franchisegebers kommen: von dem Management in der Systemzentrale, das das Markenversprechen festgelegt hat, und von den Betriebsleitern in den Pilotbetrieben, die die exakte Justierung der Stellschrauben kennen. Diese Personen allein können die Quelle der betriebsführungsbezogenen Informationen sein. Anwälte und Berater können nur helfen, die Informationen zusammenzutragen, die enorme Informationsmenge zu beherrschen und die Informationen in didaktisch gut aufbereiteter Form aufzuschreiben. Hinzuzufügen ist, dass Betriebshandbücher selbstverständlich weitere – auch juristische – Funktionen haben. Die Zusammenstellung der Richtlinien, die für die Reproduktion des Markenerlebnisses verantwortlich sind, ist allerdings der Kern eines markenaufbauorientierten Betriebshandbuchs. Das ist eine dermaßen simple Wahrheit, dass man sich fragen sollte, weshalb sie so unbekannt ist. Wenn man nicht einmal aufschreibt, was im Detail getan werden muss, um das einheitliche Markenerlebnis zu schaffen, wie soll die Umsetzung durch selbstständige Unternehmer überhaupt möglich sein? Dies darf bitte nicht den Blick darauf verstellen, dass Training in Franchisesystemen das Hauptinstrument ist, das entscheidende Wissen auf die Franchisenehmer und deren Mitarbeiter zu übertragen. Davon wird weiter unten noch zu sprechen sein.
Bevor wir uns mit dem vierten Schritt befassen, sei ein abschließender Hinweis zu dem Thema der Betriebshandbücher gestattet: Betriebshandbücher sind auch deshalb häufig unzureichend gestaltet, weil Franchisegeber früh vor der „Gesamtaufgabe Handbuch“ kapituliert haben. Die Kapitulation führt dazu, dass zunächst halbherzig ein paar Seiten verfasst werden und das Handbuch danach für viele Jahre eine verdrängte Dauerbaustelle wird. Ursache für die Kapitulation sind meist übertriebene Ambitionen, denen man selbst nicht gerecht werden kann. Statt mit dem „großen Wurf“ beginnen zu wollen und an der selbst gesetzten Aufgabe zu scheitern, sollte man sich vielleicht besser darauf beschränken, den markenaufbauorientierten Teil zu erstellen. Das kann ein erfahrener Anwalt oder Berater in wenigen Tagen bewerkstelligen und es sollte kaum einen fünfstelligen Betrag kosten. Ein Franchisegeber, der selbst diesen Betrag nicht investieren kann, wird aus ganz anderen – nämlich den bereits oben dargestellten – Gründen keinen Erfolg haben können.
Im vierten Schritt muss erreicht werden, dass jeder einzelne Mitarbeiter der Systemzentrale das Markenversprechen kennt und im Detail verstanden hat, was zu seiner Einhaltung getan werden muss. Deshalb sollte jeder Mitarbeiter das markenaufbauorientierte Betriebshandbuch gelesen haben. Das gilt vor allem für diejenigen Mitarbeiter, die für die Franchisenehmer zuständig sind. Es darf keinen „Franchisebetreuer“ bzw. keinen Operations-Manager geben, der das Betriebshandbuch nicht beherrscht und der nicht genauso intensiv geschult wurde wie die Franchisenehmer. Wer nicht weiß, wie die Stellschrauben justiert sein müssen, kann die Abweichungen in den Systembetrieben nicht erkennen. Das leuchtet Ihnen ein? Uns auch. Merkwürdig nur, dass es in der Praxis sehr viele Franchisegeber gibt, die dieses Prinzip nicht beachten. Häufig sind es gerade die „Franchisebetreuer“ und Operations-Manager, die noch nie einen Blick ins Betriebshandbuch geworfen haben. Wenn Sie diesen Punkt sofort in Ihrem System ändern, haben Sie einen Schritt getan. Ein Franchisegeber sollte außerdem nur qualifizierte Personen als „Franchisebetreuer“ und Operations-Manager einstellen, nämlich Personen, die einen Wissensvorsprung vor den Mitarbeitern des Franchisenehmers haben, die über die Fähigkeit verfügen, klar zu kommunizieren und die dadurch eine natürliche Autorität besitzen. Wissensführerschaft ist ein Schüssel zu gutem Franchising. Dass es vielfach bereits an der Qualifikation der Unterstützungsmitarbeiter mangelt, liegt wiederum daran, dass viele Franchisegeber von Anfang an unterkapitalisiert waren und ihre knappen Ressourcen vordringlich in Mitarbeiter investieren, die für die Expansion zuständig sind. Diese Gewichtung ist in der Phase des anfänglichen schnellen Wachstums auch durchaus sinnvoll. Ein vollständiges Außerachtlassen der Unterstützung durch den Einsatz unqualifizierter Mitarbeiter kann indes niemals richtig sein. Andernfalls kommt es zu der gefährlichen zweiten Rückkopplung, von der bereits oben die Rede war: Die erste Generation der Franchisenehmer findet ihren individuellen Weg bei der Konzeptanwendung, lässt sich später kaum einfangen und ist als Unruheherd der Anfang einer eigenen Verursachungskette, an deren vorläufigem Ende der Glaubwürdigkeitsverlust des Franchisegebers steht.
Im fünften Schritt müssen das Markenversprechen und alle Details seiner Einlösung, also vor allem wie das Markenerlebnis für die Kunden im Detail in jeder einzelnen täglichen Situation erfahrbar gemacht soll, auf die Franchisenehmer und deren Mitarbeiter transferiert werden. Dieser Transfer kann erfolgreich nur dadurch erreicht werden, dass die Franchisenehmer und deren Mitarbeiter intensiv in den markenaufbauorientierten Aspekten der Betriebsführung geschult und trainiert werden. Neben dem technischen Betriebsführungs-Know-how muss es bei dem Transfer also vor allem um die Fragen gehen: Was ist das Markenversprechen? Wie muss in jeder denkbaren Situation mit den Kunden umgegangen werden, damit sie die Marke so erleben, wie sie der Franchisegeber erdacht hat? Es gibt kein erfolgreiches Franchisesystem, das diesen Trainingsinhalt vernachlässigt; es ist der Kern des Trainings. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Franchisegeber auch die Mitarbeiter des Franchisenehmers trainiert bzw. in den dafür autorisierten Systembetrieben trainieren lässt. Die alternative Herangehensweise, nur den Franchisenehmer bzw. dessen Betriebsleiter zu trainieren und darauf zu vertrauen, dass die trainierte Person die Schulungsinhalte „schon irgendwie ohne Verfälschung und Informationsverlust weitergeben“ wird, ist offenkundig ungeeignet. Wer wirklich noch glaubt, dass das Prinzip „train the trainer“ beim Franchising eine Lösung sein könnte, sollte sich einmal anschauen, wie die wirklich weltweit erfolgreichen Franchisesysteme ihr Training organisiert haben. Es genügt vielleicht auch, sich an das Kinderspiel „stille Post“ zu erinnern. Wissen Sie noch? Jede Weitergabe von Informationen ist mit einem Informationsverlust und – schlimmer noch – mit der Hinzufügung der eigenen Auffassung und Interpretation verbunden. Das mag in vielen Bereichen des Lebens hinnehmbar oder vielleicht sogar wünschenswert sein. Wenn es hingegen darum geht, Menschen zu vermitteln, was diese im Detail täglich auf ihren Positionen im Systembetrieb tun müssen, um ein Markenerlebnis entstehen zu lassen, sind Informationsverlust und abweichende Interpretationen verheerend: Es wird dann kein einheitliches Markenerlebnis geben; allenfalls kann man noch auf den Zufall hoffen. Vielfalt mag in vielen Lebensbereichen gut und Chaos mag der Motor der Evolution sein. Wenn es um den Aufbau einer Marke geht, sind Vielfalt und Chaos schlecht. Vielfalt ist der Feind der einheitlich positiv aufgeladenen Marke.
Dabei versteht es sich von selbst, dass es Geld kostet, die Mitarbeiter des Franchisenehmers zu trainieren und sich nicht auf oberflächliche Schulungen für den Franchisenehmer zu beschränken. Ausnahmsweise ist das kein Aspekt, bei dem die mangelhafte Kapitaldecke vieler Franchisegeber zu bedauern ist. Denn das Training für die Belegschaft der Systembetriebe wird letztlich, gegebenenfalls auf Umwegen, der Franchisenehmer bezahlen müssen. Hinsichtlich des Trainings für die anfänglich vorhandene Belegschaft der Systembetriebe kann die Vergütung ein Teil der Eintrittsgebühr sein oder sie kann als separate Schulungsgebühr ausgewiesen werden. Beides ist möglich, solange – bitte – richtig kalkuliert wird. Manche Franchisegeber weisen eine separate Schulungsgebühr allein deshalb aus, um sich nicht im Vergleich zu anderen Systemen durch eine hohe Eintrittsgebühr die Expansion zu erschweren. Wer als Franchisegeber so denkt, hat offensichtlich ganz andere Probleme oder legt es darauf an, dass sich einfältige Menschen für das Franchisesystem interessieren. Diejenigen Franchisegeber, die unter Beachtung der hier dargestellten Prinzipien erfolgreich eine magnetische Marke aufbauen, haben hingegen keine Probleme, eine hohe Eintrittsgebühr zu verlangen. Denn die Eintrittsgebühr ist schließlich angesichts der umfangreichen Leistung, die gesamte Belegschaft zu trainieren, mehr als gerechtfertigt. Wer hingegen meint, dass das Training für die Mitarbeiter des Franchisenehmers zu hohe Kosten verursacht und die Durchführung dieses Trainings deshalb dem Franchisenehmer übertragen möchte, muss sich fragen, weshalb der Franchisenehmer die Trainingsleistungen preiswerter herstellen kann als der Franchisegeber (das wäre wahrlich überraschend) oder er muss sich eingestehen, dass die Mitarbeiter des Franchisenehmer sin Wahrheit nie wirklich trainiert werden sollten.
Während also an einem Training für die Mitarbeiter der Franchisenehmer grundsätzlich kein Weg vorbeiführt, ist es selbstverständlich erstens von dem Franchisekonzept abhängig, in welchem Umfang trainiert werden muss. Einfache Franchisekonzepte lassen sich, vor allem wenn man das Training auf die jeweils relevante Position in dem Systembetrieb beschränkt, in wenigen Tagen oder Wochen trainieren. Im Bereich der Systemgastronomie wird ein dermaßen geringer Trainingsumfang hingegen kaum ausreichen, wenn ein einheitliches Markenerlebnis angestrebt wird. Außerdem gibt es zweitens unterschiedliche Herangehensweisen an die Organisation des Trainings: Es ist selbstverständlich durchaus möglich, das Training in Systembetrieben ausgewählter (autorisierter) Franchisenehmer durchführen zu lassen, wenn man das von vornherein in den Franchiseverträgen vereinbart hat. Hierfür bietet es sich an, die Autorisierung von dem Bestehen einer Prüfung als „Trainingsbetrieb“ abhängig zu machen, diese Möglichkeit an die perfekte Einhaltung der markenaufbauorientierten Richtlinien zu knüpfen und – vor allem – mit einem Anreiz für die Franchisenehmer zu versehen. Dann wird beinahe jeder Franchisenehmer den Wunsch haben, den Status als autorisierter Trainingsbetrieb zu erlangen. Es ist also nicht notwendig, dass der Franchisegeber das Training in einer Akademie oder mittels eigener Trainingsbetriebe anbietet. Drittens kann man in Betracht ziehen, das Training für einfache Mitarbeiter und Hilfskräfte auf ein relatives Minimum zu beschränken, für jeden Systembetrieb bestimmte Schlüsselpositionen zu definieren, die besonders ausgiebig in der Vorgesetztenfunktion trainiert werden (z. B. General Manager, Betriebs-, Schichtleiter) und in den ersten Tagen nach Eröffnung ein Trainingsteam des Franchisegebers zu entsenden, das die einfachen Mitarbeiter „on the job“ weiter trainiert. Unabhängig davon ist ein „Opening Team“, das der Franchisegeber entsendet, ein gutes Mittel, um den Anfangserfolg des Franchisenehmers und die von Anfang an richtige Markenkommunikation zu unterstützen. Der Umstand, dass die wirklich erfolgreichen Franchisesysteme dies so organisieren, sollte uns zumindest zu denken geben.
Der sechste Schritt zur einheitlichen Markenaufladung besteht darin, die Franchisenehmer und deren Mitarbeiter fortlaufend zu kontrollieren und im Fall einer Abweichung von dem Marketingkonzept unverzüglich einzugreifen. Zum konsequenten Eingreifen bedarf es allerdings geeigneter Anreiz- und Steuerungsinstrumente, die in vielen Franchiseverträgen gar nicht angelegt sind. Davon soll an anderer Stelle die Rede sein. Wiederholte sichtbare und verdeckte Prüfungen (Store Checks und Mystery Shopping) und weitere, wiederkehrende Schulungsmaßnahmen sind also unerlässlich, wenn ein erfolgreiches Franchisesystem aufgebaut werden soll. Diese Erkenntnis gilt übrigens auch für die Filialen des Franchisegebers, was zeigt, dass Abweichungen von dem Marketingkonzept keine franchisesystemspezifische Erscheinung sind. Wenn der Franchisegeber ein eigenes Filialsystem führt, was aus Gründen, die unten noch dargestellt werden, ein entscheidender Erfolgsfaktor ist, müssen selbstverständlich auch die eigenen Filialen das Marketingkonzept exakt umsetzen. Dabei geht es vor allem auch darum, dass die eigenen Filialen keine negative Vorbildfunktion haben. Wenn der Franchisegeber selbst nicht beweist, dass man bei Beachtung der markenaufbaurelevanten Richtlinien erfolgreich ist, wird sich kein Franchisenehmer danach richten.