Franchiserecht

Standortsuche und Standortanalyse – Risiken erkennen

Die Themen Standortsuche und Standortanalyse betreffen die meisten Franchisegeber, die ein stationäres Konzept anbieten. Das gilt beispielsweise für Gastronomie und Einzelhandel, aber auch für Dienstleistungskonzepte, die einen Kontakt zwischen Franchisenehmer und Kunde in stationären Geschäftsräumen erforderlich machen, etwa in einer Annahmestelle oder einem Büro. Viele Franchisegeber sind sich in diesen Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen – man könnte auch sagen: der rechtlichen Dimension ihres Handelns – nur unzureichend bewusst.

I. Rechtliche Aspekte der Standortsuche

Die Suche nach dem geeigneten Standort für den Systembetrieb eines Franchisenehmers wird in der Praxis unterschiedlich organisiert. Einige Franchisegeber beschränken sich darauf, dem Franchisenehmer Standort- und Immobilienanforderungen als Richtlinie auszuhändigen und anschließend dem Franchisenehmer die Standortsuche vollständig zu überlassen. Andere Franchisegeber verfügen über eine qualifizierte Immobilienabteilung, die die Standortsuche als Dienstleister für den Franchisenehmer übernimmt, Standorte besichtigt und bewertet sowie die Verhandlungen mit dem Vermieter begleitet. Je nachdem, welche der anstehenden Aufgaben rund um das Thema Standortsucht von Mitarbeitern der Systemzentrale übernommen wird, sind in der Praxis unzählige Varianten dieser Handhabungen festzustellen.

In tatsächlicher Hinsicht ist es sinnvoll, wenn der Franchisegeber die Standortsuche professionalisiert und sich mit eigenen Mitarbeitern um diejenigen Teilaufgaben kümmert, die von einem neuen Franchisenehmer nicht qualifiziert erledigt werden können. Jedenfalls bei Konzepten, bei denen die Auswahl des Standortes eine nennenswerte Rolle für den unternehmerischen Erfolg des Systembetriebes spielt, darf der Franchisegeber diese Aufgabe nicht dem zufällig mehr oder weniger qualifizierten Franchisenehmer überlassen. Die Auswahl des Standortes und der Erfolg der einzelnen Systembetriebe sind für die Expansion des Franchisesystems von maßgeblicher Bedeutung. Es ist deshalb sinnvoll, wenn diese Aufgabe professionell erledigt wird. Dies erscheint für junge Franchisegeber womöglich als eine große Herausforderung, die scheinbar kaum zu bewältigen ist. Diese voreilige Einschätzung ist indes unrichtig. Tatsächlich können und müssen die Kosten der Professionalisierung der Standortsuche von den Franchisenehmern getragen werden und können diesen im Rahmen eines Vorvertrages oder im Rahmen der Eintrittsgebühr auferlegt werden. Letztendlich ist dies lediglich ein Aspekt der richtigen Kalkulation des Einmalvergütungen, die von dem Franchisenehmer in Hinblick auf den Anfangsaufwand des Franchisegebers zu entrichten sind.

Diese Erkenntnis stellt eine Überleitung zu den rechtlichen Aspekten der Standortsuche dar. Wenn vorstehend ausgeführt wurde, dass der Franchisegeber in tatsächlicher Hinsicht die entscheidenden Aufgaben rund um die Standortsuche professionell organisieren muss, hat dies nichts mit der Frage zu tun, wem die Pflicht oder Obliegenheit der Standortsuche zufällt. In rechtlicher Hinsicht ist die Standortsuche nämlich eine unternehmerische Aufgabe des Franchisenehmers und seine Obliegenheit. Von einer Obliegenheit spricht man in unserer Rechtsordnung immer dort, wo eine Aufgabe keine Pflicht im Verhältnis zu dem anderen Vertragspartner ist, sondern eigenverantwortlich erledigt werden muss. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, dem Franchisenehmer bei der Gestaltung der Verträge zusätzlich eine Pflicht zur Standortsuche aufzuerlegen. Bei dieser Gelegenheit kann dann vereinbart werden, dass der Franchisegeber als Dienstleister bestimmte Teile dieser Aufgabe im Auftrag des Franchisenehmers übernimmt. Damit können Missverständnisse über die Verteilung der Pflichten und Risiken vermieden werden. Wenn nämlich klar gestellt ist, dass der Franchisenehmer allein die Pflicht zur Standortsuche hat, trägt er das Risiko, dass ein geeigneter Standort nicht gefunden werden kann, selbst dann, wenn der Franchisegeber als Dienstleister auftritt.

Die positive Wirkung einer klaren Verteilung der Risiken durch eine entsprechende vertragliche Regelung hat allerdings ihre Grenzen. Denn wenn der Franchisegeber als Dienstleister im Auftrag des Franchisenehmers bestimmte Aufgaben der Standortsuche übernimmt, haftet er für sein diesbezügliches Handeln und gegebenenfalls auch für ein Unterlassen. Es handelt sich um diejenige Haftung, die jedem Dienstleister im Rahmen der von ihm übernommenen Aufgaben trift. Vor allem wenn mit der Standortsuche auch eine Beurteilung der aufgefundenen Standorte durch Mitarbeiter des Franchisegebers verbunden ist, führt dies zu einer Haftung für die Richtigkeit dieser Beurteilung. Hierbei spielen die gleichen Aspekte eine Rolle, die unten im Hinblick auf die Standortanalyse dargestellt werden. Im Rahmen der Standortsuche kann diesem Problem allerdings dadurch teilweise begegnet werden, dass vertraglich die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt wird. Auch deshalb ist es geboten, die Phase der Standortsuche vertraglich zu regeln. Weil sich die Standortsuche typischerweise im Vorfeld der Unterzeichnung eines Franchisevertrages abspielt, kommt der Franchisevertrag als Regelwerk für diese Thema nicht in Betracht. Es ist ratsam, die Standortsuche in einem Vorvertrag zu regeln und das Haftungsrisiko zu begrenzen. Eine weitergehende Begrenzung des Haftungsrisikos kann dadurch erreicht werden, dass nicht der Franchisegeber selbst als Dienstleister auftritt, sondern die Professionalisierung der erforderlichen Aufgaben von einem externen Dienstleister erledigt wird, der von dem Franchisenehmer auf dessen Kosten zu beauftragen ist.

II. Rechtliche Aspekte der Standortanalyse

Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Standortsuche können in tatsächlicher Hinsicht darin gipfeln, dass ein aufgefundener Standort im Rahmen einer Standortanalyse bewertet wird. In der Praxis ist festzustellen, dass einige Franchisegeber vor dem Abschluss des Franchisevertrages eine Standortanalyse anfertigen und dem Franchisenehmer aushändigen. Teilweise basiert dies auf der fehlerhaften rechtlichen Annahme, zur Anfertigung einer Standortanalyse verpflichtet zu sein. Nachfolgend wird darzustellen sein, dass eine rechtliche Pflicht zur Anfertigung einer Standortanalyse nicht besteht, wenn dies nicht ausnahmsweise vereinbart worden ist. Teilweise wird eine Standortanalyse auch deshalb angefertigt, weil dies bei der Fremdkapitalfinanzierung des Franchisenehmers von Vorteil ist und dadurch die Expansion erleichtert wird. Denjenigen Franchisegebern, die freiwillig eine Standortanalyse anfertigen, ist teilweise die rechtliche Dimension ihres Handelns nicht bewusst. Den Franchisegeber treffen im Zusammenhang mit der Standortanalyse erhebliche Haftungsrisiken.

Wer als Franchisegeber eine Standortanalyse anfertigt, haftet für die Richtigkeit der Analysegrundlagen und des Analyseergebnisses. Das ist selbst dann der Fall, wenn der Franchisegeber die Standortanalyse kostenlos anfertigt, als reine Gefälligkeit und ohne eine vertragliche Grundlage. Denn es handelt sich nicht um eine „Gefälligkeit des täglichen Lebens“, sondern um eine Aufgabe, die für die anschließende Investitionsentscheidung des Franchisenehmers ausschlaggebend ist. Der in unserer Rechtsordnung anerkannte, privilegierte Haftungsmaßstab für eine „Gefälligkeit des täglichen Lebens“ kommt in solchen Fällen nicht in Betracht. Das Risiko einer Haftung kann auch nicht dadurch vermieden werden, dass der Franchisegeber den Franchisenehmer lediglich über das Ergebnis der Standortanalyse informiert und die Standortanalyse im Übrigen nicht aushändigt. Dieser Herangehensweise, die vereinzelt aus Sorge vor einer Haftung praktiziert wird, erschwert dem Franchisenehmer in einem etwaigen Haftungsfall lediglich die Beweisführung. An dem Grundsatz, dass der Franchisegeber bei Anfertigung einer Standortanalyse für die Analysegrundlagen und für das Analyseergebnis haftet, ändert sich nichts. Wer die Aufgabe eines Unternehmensberaters übernimmt, haftet auch wie ein Unternehmensberater. Vor diesem Hintergrund gibt es zwei Lösungen für das Problem: Erstens könnte der Franchisegeber, der Standortanalysen anfertigt, für seine Tätigkeit eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, so wie sich ein Unternehmensberater versichern würde. Die Kosten sind überschaubar und können im Rahmen der Kalkulation der Eintrittsgebühr berücksichtigt und auf die Franchisenehmer abgewälzt werden. Zweitens bietet sich als Lösung an, die Standortanalyse vollständig auf einen externen Dienstleister zu übertragen, einen Unternehmensberater, der für diese Tätigkeit versichert ist und unmittelbar von dem Franchisenehmer beauftragt wird. Wenn dieser zweite Lösungsansatz gewählt wird, ist darauf zu achten, dass der Unternehmensberater in rechtlicher Hinsicht nicht als Erfüllungsgehilfe des Franchisegebers anzusehen ist. Damit letzteres vermieden wird, muss an geeigneter Stelle vertraglich vereinbart werden, dass die Erstellung einer Standortanalyse eine Pflicht des Franchisenehmers ist und dass sich dieser zur Erfüllung dieser Pflicht des Unternehmensberaters bedient. Wenn auch nur der Eindruck entsteht, der Franchisegeber habe die Pflicht zur Erstellung einer Standortanalyse übernommen, wäre der Unternehmensberater als sein Erfüllungsgehilfe anzusehen, selbst wenn die Kommunikation ausschließlich zwischen dem Unternehmensberater und dem Franchisenehmer abgewickelt wird. Der Franchisegeber müsste dann im Außenverhältnis zu dem Franchisenehmer für Schäden haften, die der Unternehmensberater verursacht hat; durch die Einschaltung des Unternehmensberaters wäre dann nichts gewonnen. Bei richtiger Gestaltung kann der Franchisegeber hingegen das Risiko für Fehler bei Analysegrundlagen und Analyseergebnis vollständig auf den Unternehmensberater abwälzen.

Wenn man die vorstehend beschriebenen Lösungswege nicht beschreiten möchte, könnte man zumindest dazu übergehen, den Franchisenehmer selbst die Informationen beschaffen zu lassen, die der Standortanalyse zugrunde gelegt werden. Dann würde der Franchisegeber den Grundsatz zumindest nicht für Fehler bei den Analysegrundlagen haften, wenn der Franchisenehmer diese Fehler selbst zu vertreten hat. Diese arbeitsteilige Herangehensweise ist in der Praxis gelegentlich anzutreffen. Zu beachten ist allerdings, dass das Haftungsrisiko des Franchisegebers damit nicht vollständig ausgeschlossen wird. Für Fehler bei dem Analyseergebnis haftet der Franchisegeber weiterhin uneingeschränkt. Deshalb sollte dann zumindest eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossenen werden. Außerdem kommt eine Mithaftung des Franchisegebers bei den Analysegrundlagen ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Franchisegeber die Fehlerhaftigkeit der von dem Franchisenehmer beschafften Informationen erkennen musste.

Schließlich ist noch die Frage zu beantworten, ob den Franchisegeber die Pflicht trifft, eine Standortanalyse anzufertigen. In Ermangelung einer spezialgesetzlichen Regelung zum Franchising könnte sich eine solche Pflicht entweder nur aus einer vertraglichen Regelung oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben. Tatsächlich sind immer wieder Vorverträge oder Franchiseverträge zu finden, in denen der Franchisegeber vollkommen unnötig die Pflicht zur Erstellung einer Standortanalyse übernimmt. Diese Franchisegeber sind nicht gut beraten. Selbst wenn man aus guten kaufmännischen Gründen die Aufgabe übernimmt, den Standort zu analysieren und sich dabei in der Weise absichert, wie dies vorstehend dargestellt ist, ist es unnötig, diese Pflicht vertraglich zu verankern. Das Risiko für den Franchisegeber steigt dadurch zusätzlich, ohne dass die vertragliche Regelung irgendeinen Vorteil bringt. Aber auch wenn es an einer vertraglichen Regelung fehlt, wird teilweise vertreten, dass den Franchisegeber unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Rechtsgrundsätze die ungeschriebene Rechtspflicht trifft, den Standort zu analysieren oder sogar eine schriftliche Standortanalyse anzufertigen. Diese These hat ihre Verankerung in den Prinzipien der vorvertraglichen Aufklärungspflichten. Es wird, vor allem in jüngerer Zeit aufgrund eines Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf, teilweise die Auffassung vertreten, die Analyse des Standortes und die Weitergabe der Analyseinformationen sei eine der Aufklärungspflichten, die den Franchisegeber im Vorfeld des Vertragsabschlusses treffen. Diese Auffassung ist zwar unrichtig, stellt für die Praxis aber dennoch ein Risiko dar.

Dies zeigt, vor welchem rechtlichen Hintergrund sich die freiwillige Anfertigung von Standortanalysen abspielt und welche Risiken ein Franchisegeber eingeht, den die rechtliche Dimension seines Handelns nicht bewusst ist.

III. Standortsuche und Standortanalyse als Bestandteil eines Vorvertrages

Franchiseverträge, die bei standortbezogenen Konzepten verwendet werden, sehen in der Regel vor, dass der individuelle Standort in das Vertragsformular eingetragen oder in einer Anlage festgelegt werden muss. Dies ist notwendig, um in dem Franchisevertrag an die individuelle Festlegung des Standortes bestimmte Regelungen zu knüpfen, die bei standortbezogenen Konzepten bedeutsam sind. Dazu gehört z. B. eine Regelung, die dem Franchisenehmer die Verlegung des Standortes untersagt oder eine solche Verlegung an die vorherige Einwilligung des Franchisegebers knüpft. Bei dieser verbreiteten Konstruktion kann der Franchisevertrag nicht unterzeichnet werden, bevor der Standort aufgefunden und festgelegt worden ist. Deshalb führt diese Konstruktion notwendigerweise auch dazu, dass sich die Standortsuche in einem Zeitabschnitt vor Unterzeichnung des Franchisevertrages abspielt, also in einem vertragslosen Zustand. Für den Franchisegeber kann dies mit erheblichen Nachteilen verbunden sein. Denn wie vorstehend dargestellt wurde, finden in diesem Zeitabschnitt haftungsträchtige Aktivitäten statt. Es wäre deshalb besser, wenn es sich nicht um einen vertragslosen Zustand handeln würde. Stattdessen sollte der Schutz des Franchisegebers vor einer Haftung auch in diesem Zeitabschnitt geregelt werden. Es bietet sich an, diese Regelung in einem Vorvertrag vorzusehen, der spätestens bei Beginn der Standortsuche abgeschlossen wird und endet, wenn der Abschluss des Franchisevertrages ansteht.

Es gibt viele Gründe für die Verwendung eines Vorvertrages. Die Reduzierung des Haftungsrisikos im Zusammenhang mit Standortsuche und Standortanalyse sind nur zwei dieser Gründe. In einem Vorvertrag kann beispielsweise auch eine Geheimhaltungspflicht des Franchisenehmers vereinbart werden, wenn ihm vor Abschluss des Franchisevertrages bereits vertrauliche Informationen zugänglich gemacht werden sollen. In Betracht kommt außerdem die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine Verpflichtung zur Geheimhaltung nur einen unzulänglichen Schutz bietet, wenn der Franchisenehmer die ihm in der vorvertraglichen Phase zugänglich gemachten Informationen für eigene geschäftliche Aktivitäten verwertet. Ein Geheimhaltungsgebot greift meist zu kurz. Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes in dem Vorvertrag stellt deshalb eine sinnvolle Ergänzung dar. Außerdem kann man den Vorvertrag nutzen, um eine Vergütung zu vereinbaren, die der Franchisenehmer-Kandidat vorab entrichtet, um den Aufwand zu bezahlen, der dem Franchisegeber im Zusammenhang mit der Standortsuche entsteht. Die letztgenannte Form des Vorvertrages wird in der Praxis auch Reservierungsvereinbarung genannt. Die Verwendung einer Reservierungsvereinbarung ist dringend zu empfehlen, wenn der Franchisegeber im Zusammenhand mit Standortsuche und Standortanalyse bestimmte Aufgaben übernimmt, durch die er sich einer Haftungsgefahr aussetzt.

Im Hinblick auf Standortsuche und Standortanalyse sollte in dem Vorvertrag in erster Linie geregelt werden, dass die Suche nach einem geeigneten Standort eine Aufgabe und Pflicht des Franchisenehmers ist. Wenn der Franchisegeber als Dienstleister bestimmte Aufgaben im Auftrag des Franchisenehmers übernimmt, sollte eine Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden. Diese Möglichkeit steht bei richtiger Gestaltung ohne Einschränkung. Wenn allerdings zusätzlich die Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden soll, bedarf es einer Individualvereinbarung mit dem Franchisenehmer.