Franchiserecht

Widerrufsbelehrung - so vermeiden Franchisegeber Ärger

I. Was ist das Widerrufsrecht?

Das Widerrufsrecht war ursprünglich ein reines Verbraucherschutzinstrument. Der Verbraucher soll gewissermaßen vor sich selbst geschützt werden. In besonderen Situationen, in denen abstrakt eine „Überrumplung“ droht, wird dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben, seine Vertragserklärung, die er später bereut, durch einen Widerruf rückgängig zu machen. Es handelt sich um eine seltene Ausnahme von dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ – einmal geschlossene Verträge sind einzuhalten (auch wenn eine Vertragsseite den Vertragsschluss vielleicht bereut). Auf diese Möglichkeit ist der Verbraucher mit der Widerrufsbelehrung hinzuweisen. Die Frist (regelmäßig zwei Wochen), innerhalb derer der Verbraucher seine Vertragserklärung widerrufen kann, beginnt erst zu laufen, nachdem eine ordnungsgemäße Belehrung stattgefunden hat.

II. Was hat das mit Franchising zu tun?

Diese Grundsätze, die zunächst einmal für Verbraucher gelten, werden durch § 513 BGB in bestimmten Konstellationen auch auf Existenzgründer erstreckt, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Existenzgründer in einigen Situationen ebenfalls der Gefahr der Überrumplung ausgesetzt sind. Mit der Erstreckung auf Existenzgründer erlangt das Widerrufsrecht auch für das Franchising Relevanz. Eine der Vertragsarten, in denen es ein Widerrufsrecht zu Gunsten des Existenzgründers gibt, sind nämlich Verträge, in denen sich der Vertragspartner zum wiederholten Bezug von Sachen verpflichtet. Beim Warenfranchising ist eine solche Regelung natürlich unumgänglich. Aber selbst beim Dienstleistungsfranchising gibt es (jedenfalls in geringem Umfang) häufig die Pflicht des Franchisenehmers, bestimmte Produkte oder Marketingmaterialien zu beziehen. Eine solche Pflicht im Franchisevertrag führt dazu, dass ein Widerrufsrecht besteht.

Allerdings enthält die vorstehend zitierte Vorschrift des § 513 BGB eine Einschränkung, die gerade im Franchising Unsicherheiten bringt: Die Vorschriften zum Widerrufsrecht finden nämlich dann keine Anwendung, wenn der „Barzahlungspreis“ 75.000,00 Euro übersteigt. Der Begriff ist allerdings nicht eindeutig und scheint gerade auf die Konstellation im Franchising nicht zu passen. Allenfalls wird man davon ausgehen können, dass damit das Volumen der Lieferverpflichtung gemeint ist. Dabei ist allerdings problematisch, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Umfang der Lieferverpflichtung oftmals noch gar nicht feststeht. Es ist daher wohl eine Prognose anzustellen. Es bleiben aber ganz erhebliche Unsicherheiten.

III. Warum braucht man die Widerrufsbelehrung?

Was geschieht, wenn nicht oder falsch belehrt wird? Die Nachteile eines wirksamen Widerrufs durch den Franchisenehmer sind für einen Franchisegeber zu groß, um leichtfertig mit diesem Thema umzugehen. Wenn trotz eines bestehenden Widerrufsrechts keine Belehrung erfolgt, oder wenn bei der Belehrung ein Fehler gemacht wird, kann der Franchisenehmer auch zu einem späteren Zeitpunkt den Widerruf erklären. Der Vertrag verliert mit dem wirksamen Widerruf seine Wirkung. Das bedeutet, der Franchisenehmer kann dann möglicherweise die Eintrittsgebühr zurückverlangen und ist nicht mehr an die vertraglichen Vereinbarungen gebunden: Weder an das Wettbewerbsverbot noch an die vereinbarte Geheimhaltung. Er kann sofort als Wettbewerber auftreten und sich dabei uneingeschränkt des eigentlich geheimen System-Know-hows bedienen. Davor kann sich der Franchisegeber nur schützen, indem er im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht keine Fehler macht.

VI. Widerrufsbelehrung – was sind die Schwierigkeiten

Um dem Unternehmer die Belehrung zu erleichtern, hat der Gesetzgeber ein Muster vorgegeben. Wer sich streng an dieses Muster hält, kann sicher sein, dass die Belehrung richtig ist. Er kommt in den Genuss der sogenannten Gesetzlichkeitsfiktion. Die gesetzlichen Muster sind allerdings nach neuem Recht (siehe Kasten) für den Fall des Ratenlieferungsvertrages unpassend. Der Gesetzgeber hat es also versäumt, Franchisegebern ein Formular mit dem Vorteil der Gesetzlichkeitsfiktion zur Verfügung zu stellen. Daher ist auf die Formulierung der Belehrung besonderen Wert zu legen. Sie muss insgesamt „deutlich gestaltet“ sein und jedenfalls Angaben über das Recht zum Widerruf, den Unternehmer, also Franchisegeber, als Empfänger, sowie über Beginn und Dauer der Widerrufsfrist enthalten.

V. Widerrufsbelehrung – so vermeiden Franchisegeber Fehler

1. Problem Nr. 1: veraltete Belehrung

Viele Franchisegeber verwenden noch eine veraltete Widerrufsbelehrung. Es gilt folgende Richtschnur: Wenn Franchisegeber seit Juni 2014 oder länger keine Überarbeitung der Widerrufsbelehrung vorgenommen haben, besteht der Verdacht, dass mit dem Text etwas nicht stimmt. In einem solchen Fall besteht dringender Handlungsbedarf. Das gilt erst recht, wenn in dem Vertragsmuster sogar noch das Wort „Verbraucherkreditgesetz“ vorkommt. Dieses Gesetz gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr.

Das Hin- und Her mit der Widerrufsbelehrung

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist im Wesentlichen unverändert geblieben. Allerdings unterliegen die Details einer wechselvollen Geschichte, weshalb Franchisegeber besonders Wert auf Aktualität legen sollten. Das heutige Verbraucherkreditrecht, aus dem die Regelungen stammen, war früher im Abzahlungsgesetz und bis zum 31.12.2001, dem Zeitpunkt der großen Schuldrechtsreform, im Verbraucherkreditgesetz geregelt. Nach der Schuldrechtsreform bestand lange Jahre die Schwierigkeit, eine ordentliche Belehrung zu gestalten. Zunächst wurde ein Mustertext der „BGB-Informationspflichtverordnung“ vorgegeben. Allerdings war diese Belehrung fehlerhaft, wie die Rechtsprechung in der Folge feststellte. Dennoch wurde ein vergleichbarer Belehrungstext mit Wirkung zum 11. Juni 2010 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen. Dazwischen wurden die Mustertexte allerdings noch häufig (zum 1.9.2002, 08.12.2004, 1.4.2008, 4.8.2009) geändert, so dass eine ständige Aktualisierung erforderlich in den Muster-Franchiseverträgen erforderlich war. Nach einer weiteren Änderung im Jahr 2011 kehrte zunächst Ruhe ein, bevor es dann zu der vorerst letzten Änderung im Jahr 2014 kam.

2. Problem Nr. 2: Mitarbeiter vergessen die Widerrufsbelehrung

Es kommt leider bisweilen vor, dass die Widerrufsbelehrung schlicht vergessen wird. Die richtige Methode ist, die Anlage mit der Widerrufsbelehrung zum Bestandteil der Datei mit dem Muster-Franchisevertrag zu machen. Dann kann diese Anlage nicht vergessen werden, selbst wenn Franchisegeber diese Aufgabe delegiert haben. Jede andere Handhabung ist Leichtsinn.

3. Problem Nr. 3: Belehrung ohne Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht gilt nur, wenn der Franchisenehmer ein Existenzgründer ist. Zur Gruppe der „Existenzgründer“ zählen allerdings auch Personen, die bereits Unternehmer waren oder sind, wenn die Franchise für eine neue oder wiederholte Existenzgründung vorgesehen ist. Was geschieht, wenn der Franchisenehmer kein Existenzgründer ist und dennoch (aufgrund einer Routine in der Systemzentrale oder aufgrund eines berechtigten Sicherheitsdenkens) über ein nicht existierendes Widerrufsrecht belehrt wird? In diesem Fall wird angenommen, dass es sich um die freiwillige „Vereinbarung eines Rücktrittsrechts“ handelt. Das bedeutet, dem „überflüssigerweise“ belehrten Franchisenehmer steht ein Rücktrittsrecht zu. Die „Widerrufsbelehrung“ stellt in Wahrheit eine „Widerrufsvereinbarung“ dar. In diesem Zusammenhang sind zwar viele Fragen noch ungeklärt; das Risiko, dass sich Franchisegeber auf diesem Weg ein unnötiges Problem einhandeln, ist indes groß. Das ist ziemlich ärgerlich, kann aber vermieden, wenn im Franchisevertrag klargestellt wird, dass die Belehrung nicht die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts sein soll. Diese Regelung müsste allerdings in den Vertrag aufgenommen werden und nicht in den Text der Widerrufsbelehrung.